Erst kennenlernen, dann urteilen

Heute sollte eigentlich ein weiterer Text zur Kopfarbeit folgen. Allerdings möchte ich das erstmal auf die nächsten Tage verschieben und etwas ausdrücken, was mir sehr auf dem Herzen liegt.

Jeder urteilt über andere, und das oft nicht einmal bewusst. In vielen Facebookgruppen entstehen dadurch echte Streits mit Beschimpfungen und Beleidigungen. Dabei kennen wir unser gegenüber garnicht direkt. Genau das selbe passiert mir jeden Tag auf der Straße.

Lana und Maila sind zwei große Hunde mit 25kg. Ich bin erst 20 und dann auch noch weiblich und ein ziemlich zartes Pflänzchen. Für die meisten, die mich auf der Straße sehen hagelt es bereits an dieser Stelle schon Vorurteile. „Die kommt doch sicher mit den zwei großen Hunden nicht klar und kann die garnicht halten!“

2015-01-16 12.20.20Wenn man sich nun aber Lana und Maila genauer ansieht, geht es noch weiter. Die beiden sind „Kampfhunde“ und tragen auch noch einen Maulkorb seit Januar, wenn wir uns im Land Brandenburg aufhalten. Wir werden offensichtlich auf der Straße gemieden. Kinder fragen ihre Eltern warum die Hunde einen Maulkorb tragen und sie antworten fleißig „weil die beißen! Komm mal da weg!“, während ich mich in Hörweite befinde. Nachfragen ist anscheinend zu anstrengend. Seit sich die Leute so benehmen hat Maila leider gelernt, aus Verzweiflung zu bellen wenn sie einen anderen Hund sieht. Sie weiß, dass sie hier nie einen Artgenossen beschnuppern dürfte wie früher und ist in solchen Situationen äußerst angespannt und frustriert. Ihr Gebelle unterstreicht den Grundgedanken der Leute noch. Besonders ironisch: Bevor der Maulkorb aufgrund der Auflagen hier für uns zur Pflicht wurde damit wir „die Außenwelt schützen“, hatten wir keine Probleme und unsere beiden Damen konnten regelmäßig neue Spielpartner finden. Jetzt wird uns aus dem Weg gegangen, obwohl ein zusammentreffen ja eigentlich mit Korb viel sicherer wäre als ohne.

2015-01-10 18.04.44Die Menschen in meiner Straße haben (als ich noch mit meinem Partner zusammen war) gern das Gespräch zu uns gesucht. Heute bin ich die mit den beiden aggressiven Hunden, die nicht klarkommt und die man umgehen sollte. Und das, obwohl sich nichts an mir und den Hunden charakterlich geändert hat. Niemand dieser Leute hat eine negative Erfahrung mit uns gemacht. Ich wage sogar zu behaupten, dass ich eine der einzigen bin, die die Gegend sauber hält, ihre Tiere ordnungsgemäß gemeldet hat und seine Hunde im Wohngebiet immer angeleint führt. Ich versuche mich jedem gegenüber verständnisvoll zu verhalten. Aber auch das ändert nichts.

Würde sich auch nur einer dieser Leute die Zeit nehmen mich anzusprechen, bevor er über uns urteilt, würde es sicher anders ablaufen. Er würde zwei gut erzogene Hunde, die unheimlich verschmust und kinderlieb sind sehen. Noch dazu ein Frauchen, das alles in ihrer Macht stehende tut, um es allen Recht zu machen und die beiden Damen hinzubekommen, wo andere schon längst aufgegeben hätten. Lana und Maila haben den ersten Wesenstest bestanden und werden es auch beim zweiten tun. Wir lassen immer mehr Problematiken hinter uns. Ich tue alles in meiner Macht stehende, um den beiden das zu geben, was sie benötigen und dafür brauche ich keinen Partner. Ich komme allein sogar besser zurecht als vorher, auch wenn ich jetzt in den Augen Fremder scheinbar die „Crazy Dog Lady“ bin 😉

Also sollte für Alle gelten: ERST KENNENLERNEN, DANN URTEILEN denn nicht jeder ist so, wie es zuerst scheint.

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Maila mit ihrem „Kumpel“ Brain. Sie liebt ihn, auch wenn er sie gern mal in die Nase zwickt