Mein ganz persönlicher Albtraum

Es gibt Momente im Leben, die ändern sich schlagartig und sind unvorhersehbar. Innerhalb von ein paar Sekunden läuft das gesamte Geschehen um einen herum wie in Zeitlupe ab und man wartet nur auf den Moment, an dem etwas Schlimmes passiert. Heute konnten wir eine lebensbedrohliche Situation gerade noch so abwenden.

Nahezu jeder Hundehalter lässt seinen Vierbeiner irgendwo frei laufen, damit er spielen und sich ausrennen kann. So selbstverständlich auch Lea und ich. Ein großes Feld in der Nähe von uns ist nahezu perfekt dafür. Es ist an drei Seiten von Wald und weiteren Wiesen umgeben und oft sind wir die Einzigen dort. Man kann endlos weit sehen, was in der Umgebung passiert und schnell reagieren, falls jemand in Sicht ist oder etwas unerwartetes passiert – eigentlich.

So auch heute. Lea und ich liefen quer über das Feld um dann etwa 100m von der einzigen Straße weit und breit entfernt abzubiegen und an einem kleinen Flusslauf zurück zu gehen. Unser Dreiergespann lief frei, fertig vom spielen miteinander, auf der linken Seite das ganze Feld, auf der rechten Seite ein kleiner Flusslauf, dahinter eine Böschung und ein Maschendrahtzaun einer angrenzenden Firma. Safe also.
Gerade an der Stelle angekommen wo wir zurückgehen wollten, hörte ich ein rascheln am anderen Ufer.

Nun passierte alles wie in Zeitlupe: noch bevor ich erkennen konnte, dass es sich um ein Reh handelte das auf der anderen Uferseite Richtung Straße rannte, lief Maila dicht gefolgt von Benji hinterher. Mein schreien nach Maila kam zu spät. Benji blieb nach etwa 50m auf dem Weg stehen, weil er den Sichtkontakt zum Reh verloren hatte – Maila rannte aber unbeirrt weiter. Ich stand wie angewurzelt da und wartete auf den Knall, den es geben könnte wenn Maila die viel befahrene Straße erreicht. Aber es blieb ruhig.

2015-10-23 10.46.06 (1)Während ich leider zu den Menschen gehöre, die in einem solchen Schockzustand erst einmal stehen bleiben um abzuwarten und zu realisieren was man jetzt tun muss, schaltete Lea schneller. Sie rief Benji zu sich und nahm mir Lana ab, die ich mittlerweile irgendwie geschafft hatte anzuleinen. Ich rannte los und suchte meinen Hund. Für solche Unfälle wäre ich zwar versichert, aber das würde mir Maila auch nicht wiederbringen wenn sie überfahren worden wäre. Auf den letzten Metern vor der Straße traf ich einen Angler, der mir bestätigte dass Maila über die Straße gerannt war. Sekunden später sah ich sie weiter oben auf der Gegenspur herumlaufen, das Auto was noch etwa 5m von ihr entfernt war bremste stark und fuhr langsam an ihr vorbei. Per Handzeichen Dankte ich dem Fahrer, dass er vorsichtig gefahren war und für meinen Hund gebremst hatte.

Man sah Maila an, dass sie verwirrt war weil sie nicht mehr wusste, woher sie kam. Als sie gerade die Straße herauf um die Kurve weglaufen wollte, hörte sie mein Rufen und kam sofort auf den Gehweg zu mir. Das Reh war schon lange verschwunden und unter der Brücke durch gerannt, während sie den Weg nach oben eingeschlagen haben musste. Man merkte ihr an, dass sie verstanden hatte dass sie in Gefahr war denn sie kam geduckt angelaufen, wenn auch schwanzwedelnd.

Nach diesem Schock musste ich kurz Inne halten. >Sobald meine Hand ihr Halsband fest umschloss, umarmte sie und war einfach nur froh, dass niemand zu Schaden gekommen war. Mir fiel ein riesen Stein vom Herzen.

Man denkt immer, so etwas passiert einem nicht weil man gut aufpasst. In Wirklichkeit jedoch kann aber selbst so eine vermeintlich sichere Situation sehr schnell zu so einem Worst-Case Szenario werden.
Das Feld war immer gut einsehbar so dass man Wild gut erkennen kann und der Abstand zur Straße weit genug. Wäre das Reh in die entgegengesetzte Richtung gelaufen, hätte nichts passieren können. Maila und Lana sind ohne direkte Wildsichtung gut abrufbar und hätten nach einiger Zeit nicht geschafft, mitzuhalten. Noch dazu schwindet die Begeisterung sehr schnell, wenn Wasser zwischen ihnen und dem Objekt der Begierde liegt.

Trotzdem hätte diese extrem ungünstige Verknüpfung der Umstände und eine Sekunde der Unachtsamkeit schlimm ausgehen können. Wir sind alle so erleichtert dass unserer kleinen Blitzbirne nichts passiert ist!

2014-04-12 10.38.00