Der Kampf mit dem Alleinsein

Im heutigen Post geht es um eins der schwersten Erziehungsthemen, die ich gemeinsam mit Lana und Maila zu bewältigen hatte. Wir arbeiteten über ein Jahr intensiv an der Problematik des allein bleibens – erfolglos. Bis ich entschied, einen sehr umstrittenen Weg zu gehen. Dazu aber später mehr.

Zur Vorgeschichte – Januar 2015
Ich lebte frisch getrennt – nun allein – in meiner Wohnung. „Herrchen“ war weg, und irgendwo hatten wir drei doch schon etwas daran zu knabbern. Man muss sich eben komplett umgewöhnen und ist ganz allein auf sich gestellt, ob nun beim Gassi gehen oder einkaufen. Ich hatte mit meinen damals zarten 21 noch nie zuvor allein gelebt.
Ich hatte natürlich vor dieser Zeit bereits mit Lana und Maila das Alleinsein geübt. Ich bin wie selbstverständlich ein paar Minuten zur Haustür raus, brachte beispielsweise en Müll raus und kam dann recht schnell wieder. Diese Zeit soll man ja bekanntlich langsam verlängern, wenn es gut lief..
Jedoch wurde bereits dort klar, dass Lana und Maila nicht sehr begeistert davon sind. Innerhalb kurzer Zeit begann Maila zu bellen. Man konnte ihre Empörung deutlich heraushören und hörte sie im gesamten Hausflur. Wenn Maila Pause machte, konnte man auch Lana mit ihrem Gewinsel deutlich hören. Beide standen die ganze Zeit direkt hinter der Tür, bellten, winselten und starrten die Tür an. Wir kamen einfach nicht über ein paar Minuten hinaus, auch nicht nach Monaten. Die Verlassensangst war zu groß und die Lage konnte auch durch kleinere Trainingsschritte nicht entspannt werden. Es hieß also: Wir müssen uns was einfallen lassen!

-3SHBRxm419WOhuEhokZjP6b8VGkWGLziI0ukubCkxg,HRSoYMkvlnB3Tv-N51YjXt9gE5zX8l6s-7-Yiit0l0wSelbstverständlich besorgte ich mir eine Hundetrainerin.
Sie erwies sich als äußerst kompetent und ich bekam auch bei anderen Fragen gute Ratschläge. Sie schlug das Boxentraining vor. Dieses baut auf der Theorie auf, dass sich Hunde leichter entspannen können, wenn sie einen sicheren Rückzugsort in der Wohnung haben, der begrenzt ist. Viele Hunde verfallen sonst in eine Art Überforderung, denn sie haben allein das Gefühl die komplette Wohnung bewachen zu müssen oder im Stich gelassen worden zu sein. Die Box soll also Sicherheit und Ruhe ausstrahlen – wie ein kleines Nest.
Gesagt, getan. Ich kaufte zwei Gitterboxen für Lana und Maila. Diese wurden mit Körbchen, Decken, Näpfen und Spielzeug ausgestattet. Es galt nun, nur angenehme Dinge mit ihnen zu verbinden, damit die zwei gern in ihre Box gingen. Es gab dort Futter, Kuscheln, Kauknochen zum Stressabbau.. irgendwann machte ich dann die Tür zu. Die zwei wurden Nachts für ein paar Stunden in die Box geschickt, um dort zu schlafen. Das klappte noch ganz gut. Allerdings auch nur bis dahin.
Nun sollte ich nämlich beginnen, mindestens 50 mal täglich meine Jacke an und auszuziehen, meinen Schlüssel zu nehmen, zur Tür zu gehen, und wieder zurück ins Wohnzimmer. Laut Trainerin sollten so die angstauslösenden Verknüpfungen von Schlüssel, Jacke, Haustür usw. erst einmal gelöst werden. Lana und Maila sollten merken, dass durch diese für sie typischen Geräusche und Bewegungen nichts spannendes mehr passiert. Irgendwann könnte ich laut Trainerin dann die zwei in die Box schicken, meine Sachen schnappen und entspannter für kurze Zeit rausgehen.
2015-01-12 14.25.49Leider kannte die Trainerin Mailas Dickkopf nicht. Ich übte insgesamt bestimmt 300 mal – und das ist keine erdachte Zahl! JEDES MAL kam mir Maila in den Flur hinterher. Lana hingegen blieb recht entspannt auf der Couch liegen. Diese ganze Übung resultierte dann letztendlich darin, dass Maila immer wenn ich aufstand, panisch hinterherlief um zu sehen ob ich mir nur was zu essen holte oder wirklich gleich gehen würde. Sie legte dieses Verhalten nicht eine Minute lang ab.
Auch das Boxentraining erwies sich als Fehlgriff. Auch mit ihnen kam ich nie über eine Zeit von 10 Minuten hinaus, obwohl ich Wochenlang an der entsprechenden Konditionierung arbeitete. Lana winselte wieder und Maila jammerte und bellte aufgeregt in ihrer Box.

An diesem Punkt war ich wirklich am Ende. Wenn ich das Problem nicht in den Griff bekommen würde, würde ich früher oder später die Wohnung durch eine Beschwerde verlieren. Ich konnte nun schon fast ein halbes Jahr deshalb weder zur Uni, noch ohne Hilfe einkaufen, oder auch nur überhaupt irgendwo hin ohne die Hunde mitzunehmen.

9gJ_hpVQ7wbHryVhT6l6hYVnAcVu4aIFYvnACHCUV54,3sWzGpe7MSBO3IJ-mAVezJdljnhYJ_SRUag1v_SQAlgDie einzige Alternative
Ich erinnerte mich daran, dass eine Freundin aus der Schulzeit ihrem Hund ein Sprühhalsband gekauft hatte. Dieses reagierte auf sein Bellen und sprühte Zitronenduft aus, damit er Nachts nicht bei jedem Geräusch auf dem Hof anschlug.
Lange dachte ich darüber nach. Ich fand den Gedanken einfach furchtbar, einem eventuell ängstlichen Hund so etwas umzumachen und es ihn auch noch genau ins Gesicht sprühen zu lassen. Auch der Gedanke, dass ich die ganze Sache nur noch verschlimmern könnte, war natürlich da.
Trotzdem beschloss ich, mir so ein Halsband zu kaufen und mein Glück zu probieren. Zusätzlich bestellte ich eine „Anti-Bell Station“, die ebenfalls auf Geräusche reagiert und einen für Menschen unhörbaren Piepton ausstößt. Ich war mehr als skeptisch, aber eine andere Möglichkeit gab es nicht mehr. Als beides ankam, beschloss ich das Halsband weder Lana noch Maila umzulegen, sondern es einfach vor die Tür zu hängen. Ich begann mit 5 Minuten weggehen und nahm derweil mit dem Handy auf, ob Ruhe herrschte.

Innerhalb von ein paar Testläufen herrschte Stille. Lediglich Lanas Gewinsel hörte man noch ganz leise. Hier schlugen weder das Halsband noch die Station an, und ich war darüber ganz froh. Verhältnismäßig leicht konnte ich nun die Zeit innerhalb von 4 Wochen auf 2 Stunden steigern.

Im August 2015 ging das Halsband kaputt. Seit mehreren Wochen ist nun auch die Batterie der Antibellstation leer. Ersatz kaufen? Muss ich nicht mehr! 😉

Mittlerweile können Lana und Maila (an stressigen Tagen) bis zu 8 Stunden problemlos allein bleiben. Durchschnittlich sind sie heute täglich etwa 4 Stunden allein. Ich habe mir viele Gedanken gemacht ob sie wohl noch gestresst sind, wenn ich weg bin. Vielleicht hört man es jetzt nur nicht mehr, wer weiß? Um zu schauen, wie die beiden sich verhalten habe ich heute mal eine Kamera aufgestellt als ich wegging. Maila schien fast die ganze Zeit auf der Couch zu liegen. Lana war im Flur. Hier das Ergebnis:

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Erst mal strecken..
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..und jetzt umfallen und schlafen

Lana und Maila sind also wirklich entspannt!

Mir ist klar, dass besonders die Sprühhalsbänder sehr verpöhnt sind. Sie sollten nicht „einfach so“ benutzt werden, weil man zu faul ist ein richtiges Training durchzuführen. Trotzdem können sie wie bei uns die letzte Rettung für Hunde sein, die aus ihrer eigenen Hysterie nicht mehr herauskommen. Der Vierbeiner muss kurz innehalten und sich etwas neues überlegen – und das ist mit keinem anderen Hilfsmittel möglich gewesen.

Ich hoffe dass ihr nach diesem Text versteht, warum man immer über den Tellerrand hinaus schauen sollte. Sprühhalsbänder und Co sind richtig angewendet nicht für JEDEN Hund schlecht oder schädlich! Ich bezweifle, dass meine Hunde ohne diese Hilfsmittel jemals gelernt hätten, stressfrei allein zu bleiben.