Wolf vs. Mensch?
Seit mehreren Tagen macht bei Facebook ein Video die Runde, in dem eine Frau mit Hund einem Wolf begegnet – völlig allein, im Nirgendwo. Sie scheint sehr große Angst zu haben und schreit ihn an, ist völlig außer sich vor Panik. Den Wolf beeindruckt das scheinbar garnicht, er verfolgt sie und kommt interessiert immer wieder näher.
Ob die Angst der Frau und ihre Reaktion nun berechtigt oder unberechtigt war, ist auch unter Hundemenschen sehr umstritten gewesen und wurde heiß diskutiert. Ich für meinen Teil habe genug Gruselvideos von Zusammentreffen mit Wolf und Hund gesehen, um zu wissen wie leicht so ein Hund von der Leine gepflückt wird, auch wenn Wolfi vorher so tut als wäre er ein ganz Netter und wolle nur mal gucken. Es ist eben seine Natur.
Nun könnte man an dieser Stelle schnell die Schuld auf den Wolf schieben. Bevor man das tut, sollte man aber dabei bedenken dass wir Menschen ihm in unseren Breitengraden ständig vor der Nase herumhopsen und dafür erstaunlich wenig passiert. Und das, obwohl wir viele Problematiken im Zusammenleben selbst auslösen. Sei es wenn die hohe Besiedlung Deutschlands die jungen, unerfahrenen Wölfe dazu treibt sich in Vorstädte zu verirren, sei es das Unwissen wie man sich am Besten bei einem Zusammentreffen verhält oder wenn wir mit sofortigem Unverständnis reagieren, wenn ein Wolf ganze Herden reißt.
Die Thematik ist übrigens oftmals mit unseren Haushunden die gleiche, denn auch hier wissen viele (sogar Hundebesitzer!) nicht einmal, warum der eigene Hund gerade mal nicht vom Kind beim Fressen im Gesicht angetatscht werden will und sehen nicht einmal, dass er gleich zubeißen könnte. Wir wollen Tiere in unserer Nähe, akzeptieren aber nicht, dass jedes seine eigenen Gründe für sein Verhalten hat, das wir erst einmal erlernen müssen um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen – ob nun beim Wolf oder Hund.
Dabei ist es heutzutage so einfach, sich Informationen wie diese direkt von der Quelle zu besorgen und im Notfall genug Input zu haben, um vernünftig auch brenzlige Situationen zu lösen. Es liegt an uns Menschen, die Tiere die wir in unsere Gesellschaft bringen (dazu gehört der Wolf ja irgendwie auch!) so zu integrieren, dass niemand Schaden nimmt und alle miteinander einigermaßen klarkommen.
Und es geht, wenn man einen Blick in andere Länder wirft. Was sind wir eigentlich für Pussys? Woanders gibt es Bären, Elche oder sogar Pumas, mit denen Menschen nahezu Vorfallsfrei Zusammenleben. Ja, auch dort richten sie hin und wieder Schaden an – aber sie werden viel eher als ein Teil der Natur gesehen. Es sind eben Tiere die dorthin gehören und mit denen man rechnen muss. Warum wird bei uns nicht so gedacht? Sind wir mittlerweile so fernab von jedem Verständnis für die Natur? Hier schaffen wir es nichtmal ansatzweise so umzusetzen, dass es gut klappt. Dabei macht es uns der Wolf noch verhältnismäßig leicht.
Elli Radinger hat seit 1991 mit dem Thema Wolf zu tun und erklärt in diesem Artikel beispielsweise, warum Wölfe oft ganze Massaker an Schafherden hinterlassen – Spoileralarm: der Grund dafür ist nicht Blutrünstigkeit, sondern der Mensch mit seinen ganzen Zäunen
Es ist ein schwieriges Thema, das weiß ich. Man sollte allerdings vielleicht manchmal ein wenig Verständnis aufbringen oder zumindest versuchen, die andere Seite zu verstehen. Es ist so leicht, gleich abzulehnen und mit dem Finger zu zeigen. Wenn man genauer hinsieht, ist es aber vielleicht doch ganz anders, als man denkt?