A Dog`s Passion: Schäferhunde und der IGP-Sport
In der letzten Woche habe ich unsere neue Blogreihe „A Dog`s Passion“ angekündigt. Heute starten wir mit einer der verbreitetsten Hundetypen im deutschsprachigen Raum: den Schäferhunden! Hier wird uns die liebe Antje mit auf die Reise in den IGP-Sport mit ihren beiden belgischen Schäferhunden mitnehmen. Los geht`s!
Hallo liebe Antje, schön dass du an unserer Interviewreihe teilnimmst. Möchtest Du Dich und Deine Vierbeiner kurz vorstellen?
Mein Name ist Antje Düker, mache seit 23 Jahren Hundesport und habe aktuell zwei Malinois. Meine Hündin Diva des Pirates de Matra ist 13,5 Jahre alt und ihr Sohn Ayosha von Paccharun ist 6 Jahre alt.
Was hat Dich zu den Schäferhunden gebracht?
Ich hatte anfangs Dobermänner, welche mich auch in den Sport gebracht haben. Allerdings habe ich mit den Jahren festgestellt, dass diese Rasse sowohl gesundheitlich als auch leistungsmäßig nicht dem entspricht, was ich mir vorstelle und habe mich nach Alternativen umgeschaut. Schließlich bin ich bei den Malinois hängen geblieben. Eine wunderbare Rasse!
Wie bist Du zum IGP gekommen?
Ich bin mit meiner ersten Dobermannhündin zum Hundeplatz gegangen, weil ich Interesse an der Rasse entwickelt habe und den Hund beschäftigen wollte (damals gab es sowas wie Funsportarten noch nicht, Agility war beispielsweise gerade erst im kommen) und habe mit ihr aber nur Unterordnung gemacht. Der nächste Dobermann war dann ein Welpe von dem Züchter dort auf dem Platz und so bin ich mit meinen Vierbeinern in den IGP Sport reingerutscht. Seit ca. 1996 bin ich nun schon im Hundesport aktiv.
Kann man mit jedem Hund IGP betreiben?
Jein – man muss unterscheiden zwischen IGP mit Prüfung, und IGP „Just for Fun“. Prinzipiell kann man mit jedem Hund der Spaß am spielen hat in irgendeiner Form IGP machen. Aber natürlich muss der Hund auch körperlich dazu in der Lage sein, sprich mit einem Mops oder Dackel ist IGP nicht empfehlenswert.
Was muss ein Hund körperlich und charakterlich mitbringen, um in diesem Sport durchstarten zu dürfen?
Er sollte eine gewisse Größe haben, denn er muss z. B. über die 1 Meter Hürde frei springen können. Er muss körperlich gesund sein, um der Belastung im Sport standhalten zu können. Für den IGP-Sport auf Prüfungsniveau braucht der Hund auch charakterlich gute Nerven, eine gewisse Härte, hohen Spiel- bzw. Beutetrieb und muss Spaß an Bewegung und dem erlernen von Übungen haben.
Ein Hund der sich nicht gerne bewegt, der keinen Sinn darin sieht z.B. Dinge zu apportieren, oder keine Lust am lernen hat wird im IPG-Sport nicht glücklich werden. Ebenso wird ein scheuer oder unsicherer Hund keinen Spaß daran finden, denn der Hund wird vielen Reizen (viele Fremde Menschen auf dem Platz, fremde Hunde die bellen, in der Unterordnung wird geschossen um die Schussfestigkeit zu prüfen usw.) ausgesetzt die dieser auch nervlich packen muss.
Wie hoch sind die Kosten und der Aufwand für den Sport?
Das kommt darauf an in welchem Umfang man diesen Sport betreibt und wie die eigenen Bedingungen sind. Zuerst einmal muss man sich das passende Equipment kaufen. Mache ich dann „Just for Fun“ IGP und habe einen geeigneten Verein/Schutzdiensthelfer in der Nähe, dann hat man nur die Kosten für den Mitgliedsbeitrag (ca. 50,-€ je nach Verein pro Jahr), Benzinkosten, Verpflegung für sich selber, Leckerli/Spielzeug für den Hund und evtl. noch ne kleine Pauschale für den Schutzdiensthelfer pro Einheit (je nach Verein zwischen ca. 3,- und 10,- € bei manchen auch mehr.
Will man diesen Sport intensiver machen und hat nicht die optimalen Bedingungen in der Nähe (wie ich z.B.) dann schnellt das ganz flott in die Höhe.. ich gebe pro Monat zwischen 200,- und 300,-€ für den Sport aus (Benzinkosten, Workshop/Trainingskosten, teils Hotelkosten, Trainingsleckerli, spezielles Futter in Vorbereitung für höhere Prüfungen bei entsprechend höherer Belastung etc.)
Welches Equpiment braucht man für den Sport?
Man braucht auf jeden Fall ein gutes Schutzdienstgeschirr (evtl. auch Hetzhalsband), Leinen in verschiedenen Längen für die einzelnen Sparten, Beißwurst oder Ball. Für uns Zweibeiner sollte man gute Gummistiefel für die Fährte besitzen, ebenso wasserdichte Schuhe mit guter Sohle für Unterordnung und Schutzdienst. Nützlich ist auch eine Hundesportweste in der man alles unterbringen kann.
Warst Du schon einmal „Helfer“? Was sind die Voraussetzungen dafür?
Nur als Notlösung für den einen oder anderen Hund bei uns im Verein.
Ein Helfer muss körperlich sehr fit sein, braucht sowohl eine sehr gute Kondition als auch eine gewisse Kraft, muss bereit sein die Technik zu lernen, sich auf jeden Hund individuell einzulassen, über den Tellerrand zu schauen um nicht festzufahren in seiner Arbeit. Er muss nicht nur Hunde hetzen können, er muss auch Hunde lesen können, muss Hunde ausbilden können. Nur die Technik zum hetzen zu erlernen allein reicht nicht für einen guten Helfer. Das ist ein weites Feld. Auf jeden Fall kann es sehr anstrengend sein.
Schäferhunde ohne Hundesport führen, geht das?
Bei dem Thema bin ich sehr zwiegespalten um ehrlich zu sein. Ja es geht, kommt aber sehr individuell auf den einzelnen Hund an. Es gibt Hunde die kommen ohne Sport gut zurecht, andere eher wenig.
Wer sich für einen DSH oder Malinois entscheidet MUSS sich bewusst sein, dass er unter Umständen doch mit dem Hund Hundesport in irgendeiner Variante machen muss, weil er ein Individuum erwischt hat, welches noch sehr viel von seiner ursprünglichen Veranlagung durch die gezielte Zucht als Gebrauchshund in sich trägt. Es sind nun mal Hunde die für eine Aufgabe gezielt gezüchtet wurden, und zumindest der Malinois und auch der DSH aus Leistungszucht haben einfach sehr viel genetisches Potenzial. Genetik lässt sich nicht „wegerziehen“ oder unterdrücken. Sie lässt sich durch Erziehung und Ausbildung in geregelte Bahnen lenken, aber dazu braucht es entsprechende Erfahrung des Menschen so einem Typ Hund gegenüber.
Zum anderen bin ich der Meinung schadet dem Malinois der Trend diesen als reinen Familienhund zu halten. Es geht sehr viel von seinem eigentlichen Wesen immer mehr verloren (die extreme Reaktionsschnelligkeit, eine gewisse Grundaggression, seine Kompromisslosigkeit, seine hohe Arbeitsbereitschaft usw.), was diese Hunde einfach ausmacht, was Hundesportler und nicht zuletzt diensthundehaltende Behörden auch haben möchten und auch brauchen.
Die Diensthundehaltenden Behörden tun sich immer schwerer geeignete Hunde zu bekommen. Man hat das schon beim Deutschenn Schäferhund gesehen: war der DSH früher DER Diensthund schlechthin, so hat der zunehmende Familienhund-Wunsch und die Zucht dahingehend dazu geführt, dass der DSH kaum noch als Diensthund geeignet ist, sondern andere Dinge in der Zucht wichtiger geworden sind. Der gleiche Trend ist beim Malinois zu beobachten.
Ein guter Hundeführer/Ausbilder kann die zunehmenden genetischen Schwächen bei einem Hund schon ausgleichen, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt, dann ist der Hund einfach von der Genetik her zu schwach die an ihn gestellten Anforderungen zu erfüllen – und an den Punkt kommen wir durch den zunehmenden Wunsch nach dem Malinois als reinen Familienhund und der damit verbundenen Veränderung der Hunde immer stärker. Auch die sich immer mehr veränderten Anforderungen im Sport (man möchte einen schnellen, nervlich leicht angekratzten, leichtführigen Hund den auch „Lieschen Müller“ problemlos nur zum Spaß im Vereinssport und im Alltag führen kann) unterstützen die immer schlechter werdende Qualität der Hunde.
Meine Hunde sind natürlich auch in aller erster Linie Freizeitpartner (Wandern, Sup-Board fahren, Fahrradtouren, Urlaub etc etc) und Familienhund und dann erst kommt der Sporthund. Aber ich finde es wichtig diese Rasse als Gebrauchshund zu erhalten und lieber im Alltag gewisse Einschränkungen (oft Unverträglichkeit mit anderen Hunden, nicht Everybody`s Darling zu sein) hinzunehmen. Perfekt ist natürlich wenn man beides hat – den optimalen Sporthund und den Freizeithund, aber das ist sehr selten. Am Ende sollte bei diesem Typ Hund die Gebrauchsfähigkeit (und natürlich entsprechend die Gesundheit) im Vordergrund stehen und auch genutzt werden.
Als wie wichtig empfindest du IGP für Deine Rassen?
Auch hier bin ich zwiegespalten. Für die Erhaltung als Diensthund/Gebrauchshund sehe ich den IGP Sport eher zweitrangig, er ist einfach zu Ausbildungsabhängig – sprich ein sehr guter Ausbilder kann aus einem mittelmässigen Hund bei dieser Sportart viel herausholen.
Als Sport sehe ich IGP also nicht als wirklich wichtig an, man kann mit Malinois auch sehr gut z. B. Rettungshundesport oder Obedience machen. Wichtig für die Rasse ist eine Kombination aus körperlicher und geistiger Auslastung und das lernen sich auch mal zurück zu nehmen. Welchen Sport ich mache ist in meinen Augen sekundär, es muss nicht zwingend IGP sein, auch wenn die meisten Malinois im IGP aufgehen.
Was hältst Du von der Kritik am Schutzdienst?
Kann ich gut nachvollziehen. Ohne Erfahrung von Außen betrachtet sieht es erstmal befremdlich aus, keine Frage. Dazu kommt, dass auf vielen Hundeplätzen noch gebrüllt wird was das Zeug hält und das wirkt natürlich auf die Leute eher negativ.
Aggressiv gemacht werden die Hunde nicht, ein guter Gebrauchshund bringt schon Potenzial und Willen zu arbeiten mit, dieses kann er im Sport gezielt aber vor allem kontrolliert ausleben. Man kann genetische Gegebenheiten nicht unterdrücken (wenn er das beißen nie lernt, wird er nie beißen meinen ja viele), aber ich kann dem Hund einen Raum geben wo er auch mal seiner Natur nachgehen kann (ähnlich wie Jagdhunde, nur weil ein Jagdhund nicht jagdlich geführt wird, wird er das jagen nicht lassen).
Auf einem guten Hundeplatz ist es oberstes Gebot, dass die Hunde im Alltag nie das Verhalten zeigen, welches sie im Sport zeigen dürfen. Bei meinen Hunden und allen Hundesportlern mit denen ich näher zu tun habe ist es ein No-Go, dass die Hunde im Alltag auch nur ansatzweise zupacken – dafür gäbe es richtig Ärger. Das eine ist Erziehung (Alltag) und das andere Ausbildung rein auf Sportbasis. Leute die meinen sie machen IGP damit ihr Hund sie im Alltag „beschützt“ sind im IGP fehl am Platz!
Dass die Ausbildungsmethoden vieler Orts unterirdisch sind kann ich nicht bestreiten, und ich finde es teilweise selber furchtbar was auf manchen Hundeplätzen abgeht! Allerdings kommt eine junge Generation Hundesportler nach, die ganz andere Wege gehen. Die kapiert haben, dass es besser ist den Hund mit in die Ausbildung einzubeziehen und den Hund nicht als Befehlsempfänger anzusehen und auszubilden. Die wirklich mit ihrem Hund ein echtes Team bilden wollen. Ein Hund der versteht was man von ihm erwartet, arbeitet wesentlich zuverlässiger, macht weniger Fehler als einer, der einfach gesagt bekommt was er zu tun hat. Das haben mittlerweile viele begriffen und geben diese Einstellung auch weiter an andere Sportler. Ewig Gestrige wird es wie in allen Bereichen aber leider immer geben.
Bist Du in einem Schäferhundverein?
Nein, ich bin in einem Gebrauchshundeverein, bei uns trainieren alle Rassen und Mischlinge.
Worauf sollte man bei einem Ausbilder/Trainer in diesem Bereich achten?
Man sollte drauf achten, dass man einen Trainer findet der sich mit dem Lernverhalten von Hunden auskennt und individuell auf jeden Vierbeiner eingeht. Nicht jeder Hund lernt gleich. Auch sollte man drauf achten, dass die Leute fair mit den Hunden umgehen. Sie sollten in der Lage sein ihre Hunde nicht nur auszubilden, sondern diese auch im Alltag entsprechend erziehen zu können. Ein guter Ausbilder muss die Einstellung haben, dass der IGP-Sport auf dem Hundeplatz bleibt und die Hunde im Alltag unauffällige Freizeitpartner sind.
Auch das Thema Starkzwangmittel ist so eine Sache. Es muss je nach Hundetyp sicher auch mal eine Übung über einen gewissen „Zwang“ abgesichert werden, aber hier ist darauf zu achten, das der Trainer keine vom Tierschutzgesetz verbotenen Mittel einsetzt! Oft reicht es den Hund verbal in die Schranken zu weisen oder die Übung abzubrechen. Körperliche Strafe sollte nicht eingesetzt werden!
Nimmst Du auch an Wettbewerben teil? Wie läuft so etwas ab?
Ja ich habe alle meine Hunde überregional geführt bis hin zu Deutschen Meisterschaften im IGP und Fährtenhundebereich.
Der Ablauf ist je nach Verband unterschiedlich. Zuerst muss man Qualifikationsprüfungen absolvieren um sich auf z. B. in meinem Fall die bayerische Meisterschaft zu qualifizieren. Die Besten der Bayern qualifzieren sich dann für die Deutsche Meisterschaft ihres Verbandes und da wiederum die Besten für die Deutsche Meisterschaft VDH (sprich die Meisterschaft aller Verbände) und dort wiederum die Besten für die Weltmeisterschaft. Es ist also wie ein Treppchen nach oben ausgerichtet.
Gestartet wird an zwei Tagen. Ein Tag in der Abteilung A (Fährte) und der andere Tag in B und C (Unterordnung, Schutzdienst). Die Startreihenfolge wird am Freitagabend unter Anwesenheit der Teilnehmer ausgelost. In jeder Abteilung gibt es maximal 100 Punkte (also gesamt 300 Punkte). Um die Prüfung zu bestehen muss man in jeder Abteilung jeweils mindestens 70 Punkte erzielen, sonst ist man durchgefallen
Sehr interessant! Gibt es noch andere Varianten des Hundesports?
Es gibt noch z.B. Mondioring. Hier gibt es nur eine Abteilung, sprich der Hund startet nicht mit Pausen in drei Abteilungen sondern arbeitet das Programm durch. Im Mondioring wird nicht mit einem Schutzärmel gearbeitet sondern die Helfer haben einen Vollschutz an. Sprich die Hunde dürfen überall am Körper beißen. Ausserdem stehen Mondio-Wettbewerbe immer unter einem anderen Motto und der Prüfungsplatz wird entsprechend dem Motto aufgebaut (z. B. Western, Halloween etc.). Der Hundeführer weiß vorher nicht, in welcher Reihenfolge die Übungen durchgeführt werden – im Gegensatz zum IGP wo genau festgelegt ist, wann z.B. Sitz, Platz und Steh vorkommen.
Beeinflusst der Hundesport das Verhalten Deiner Hunde?
Meine Hündin war Anfangs sehr unsicher aufgrund schlechter Erfahrungen beim Vorbesitzer. Ihr hat der Sport tatsächlich geholfen selbstsicherer zu werden. Mein Rüde ist ein Typ Hund, dem extrem schnell sehr langweilig wird. Er ist mit Sport definitiv ausgeglichener, das habe ich vor allem im Lockdown gemerkt als der Hundeplatz geschlossen war. Obwohl wir sehr viel mehr freizeitmässig gemacht haben als sonst, war er extrem glücklich und zufrieden wenn ich mal mit ihm Unterordnung gemacht habe. Er braucht das tatsächlich, die gleichzeitig körperliche als auch geistige Arbeit in Kombination.
Zu guter Letzt: was ist für Dich der schönste Moment in Verbindung mit dem Sport gewesen?
Der schönste Moment war eine Fährtenhundeprüfung mit meinem alten Rüden Ben. Die Bedingungen waren sehr extrem, die Hunde vor mir waren bereits alle aufgrund der hohen Anforderungen durch das Gelände durchgefallen, aber mein Rüde hat sich sprichwörtlich Schritt für Schritt über die Fährte gekämpft. Am Ende hatte er 96 von 100 Punkten ersucht. Diese Leistung, dieser Kampfwillen meines Rüden haben mich zutiefst beeindruckt und glücklich gemacht, auch wenn ich daran nicht beteiligt war, denn bei der Fährte ist der Hund auf sich gestellt. Er hat gezeigt, wie sehr er diesen Sport liebt!
Ein weiterer Höhepunkt war 2019 die Teilnahme an der deutschen Meisterschaft des DHV mit meinem Rüden. Es auf Anhieb auf die DM zu schaffen mit einem noch sehr jungen Hund (gerade 4 Jahre alt geworden) der auch noch ziemlich selbstgezogen ist macht einen schon stolz.
Aber am Schönsten sind für mich eigentlich die Trainings, die Fortschritte zu erleben und am allerwichtigsten, das Leuchten in den Augen meiner Hunde und Ihre Freude bei der Arbeit/dem Training. Das ist mit nichts zu bezahlen oder zu vergleichen. Die Prüfungen sind eigentlich nur die logische Konsequenz aus dem Training, aber das Training ist das was mir persönlich Spaß macht. Ich hasse es vor Publikum und einem Richter zu laufen..
Vielen Dank an Antje für das tolle, sehr ausführliche Interview!