Gastbeitrag: Leben mit Epilepsie-Hund

Heute gibt es mal nichts von Mir und den zwei Pelzdamen zu hören, sondern von der lieben Monika. Sie hat sich bereit erklärt, uns etwas über ihr Leben mit Havaneser Felix zu erzählen, der an Epilepsie erkrankt ist. Sie möchte heute also ein wenig darüber berichten, auf was es dabei ankommt. Ich habe ihr einige Fragen gestellt.

Was ist Epilepsie eigentlich?
Epilepsie gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen bei Hunden. Etwa 1 bis 2% aller Vierbeiner sind davon betroffen.
Von Epilepsie spricht man, wenn es wiederholt auftretende Krampfanfälle gibt. Bei einem Anfall kommt es zu einer kurzfristigen Störung der Hirnfunktionen.
Je nach Art und Schwere verhalten sich betroffene Tiere zuerst ungewöhnlich, um dann in einen teilweise oder auch den ganzen Körper betreffenden Krampfanfall zu versinken. Es ist nicht selten, dass sie dabei das Bewusstsein verlieren, speicheln und Kot/Urin verlieren. So ein Anfall dauert wenige Sekunden bis Minuten und kann bleibende Schäden hervorrufen – von der immensen Verletzungsgefahr abgesehen. In der letzten Phase des epileptischen Anfalls sind die betroffenen Hunde erschöpft, desorientiert und wesensverändert.
Es gibt verschiedene Gründe für Epilepsie. Zum einen kann die Genetik eine Rolle spielen, Stoffwechselerkrankungen und Umweltfaktoren wie Impfschäden oder Unfälle sind aber auch mögliche Auslöser. Die meisten Hunde zeigen den ersten Anfall zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, wenn sie erkrankt sind. Wie häufig die Anfälle beim einzelnen Hund auftreten und ob sie behandelbar sind ist von Tier zu Tier verschieden. Im schlimmsten Falle kann Epilepsie tödlich sein.

Hallo Monika, möchtest Du Dich zuerst kurz vorstellen?
Wir sind ein Ehepaar und haben ein kleines Häuschen mit Garten südlich von Hildesheim. Ich bin Hausfrau und hab daher Zeit um mich gut um einen Hund kümmern zu können. Unser Felix ist ein Havaneser und wurde 2006 geboren. Er liebt es neue Sachen zu lernen, zu spielen (insbesondere mit Kindern), zu kuscheln oder einfach nur so in der Sonne zu liegen. Alles was laut ist mag er nicht so wirklich.

Woher stammt Felix? Wusstet Ihr von seiner Erkrankung?
Felix ist aus dem Tierheim Salzgitter. Ich stöberte 2006 im Internet nach einem neuen Familienmitglied. Unser vorheriges kleines Mädel war kurz zuvor an einer schweren Krankheit verstorben und das Haus war ohne Hundepfötchen sooo leer. Wir wollten also wieder einem Vierbeiner ein tolles Zuhause bieten.
Felix wurde im Dezember 2013 von seinem Frauchen im Tierheim abgegeben. So wie es aussieht hatte er es in seinem Leben nicht so schön. Felix wurde geschlagen, kannte einen Maulkorb nur zu gut und war absolut nicht sozialisiert. Er hatte wohl auch schon vor dem Exfrauchen die ihn im Tierheim abgab noch ein Exherrchen – genaueres konnten wir da jedoch nicht mehr herausfinden. Im Tierheim fühlte Felix sich jedenfalls überhaupt nicht wohl und weinte sehr viel.
Das Tierheim hatte ihn auf seiner Webseite vorgestellt wo ich ihn letztenendes „fand“. Natürlich wurde auch die Epilepsie erwähnt, denn solch eine Erkrankung ist ja doch für die Zukunft mit einem neuen Vierbeiner im Haus relevant. Irgendwie hat er mit seiner „Bewerbung“ trotzdem voll in mein Herz getroffen und ich konnte meinen Mann überzeugen ihn doch wenigstens mal zu besuchen 😉 Als wir Felix im Tierheim besuchten, dauerte es nur Sekunden und es war um uns geschehen. So durfte er dann einen Tag später mit zu uns kommen und ist seitdem unser absoluter Liebling.

Gibt es Rassen, die besonders oft an Epilepsie erkranken?
Felix ist ein Havaneser und somit eigentlich weniger für Epilepsie anfällig. Eher betroffen sind Labradore, Aussies, Beagles und teilweise auch Schäferhunde. Es kommt aber auch immer auf die Form der Epilepsie an. Natürlich können alle Hunde daran erkranken, wenn sie Pech haben.

Wie lange hat Felix schon Epilepsie?
Seit wann Felix genau an Epilepsie erkrankt ist, wissen wir nicht. Er bekam die Antiepileptika schon lange bevor wir ihn übernahmen. Im Tierheim hatte er keine Anfälle. Wie häufig er bei den früheren Haltern Anfälle hatte wissen wir leider auch nicht.

Welche Form hat er?
Felix leidet unter der idiopathischen Epilepsie, also ist es ihm vererbt worden.

Kann man einer Erkrankung vorbeugen?
Nein, leider nicht. Das Einzige was man tun kann, ist besonders bei den betroffenen Rassen darauf zu achten, dass in der Zucht keine „Spielchen“ getrieben werden. Ein guter Züchter ist unermesslich für die langanhaltende Gesundheit des Hundes.

Wie wird Epilepsie diagnostiziert?
Die Diagnosestellung ist schwierig, da sie nur durch Ausschlussdiagnostik bestimmt werden kann. Bedeutet: Es gibt KEINE Untersuchung durch die eine Epilepsie festgestellt werden kann, man kann die Übeltäter nur so weit ausschließen bis nur noch die Epilepsie zum Krankheitsbild passt – und das ist unter Umständen ein sehr weiter Weg.

Was sollte man bei einem Anfall beachten?
Wie man vorgeht, ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Manche Hunde kann man währenddessen anfassen, andere können um sich beißen! Sie sind eben in diesem Moment nicht bei Sinnen. Auf alle Fälle sollte man alles aus dem Weg räumen woran sie sich verletzen könnten. Tischbeine, Schrankkanten u.ä. können gefährlich werden. Auf alle Fälle sollte man auch die Dauer des Anfalls im Blick haben. Mehrere Minuten sind äußerst kritisch! Die meisten Epihalter haben von ihren TÄ ein Medi bekommen um lange Anfälle zu unterbrechen.

Bekommt Felix Medikamente?

Ja. Felix ist mit seinem Medikament sehr gut eingestellt und hatte den letzten Anfall vor über 4 Jahren. Seine Tabletten sind relativ günstig da er nur 1/2 Tablette am Tag benötigt. Bei einer 100er Packung reichen seine Medis somit 200 Tage und die Packung kostet um die 55€. Weitere Medikamente wegen der Epi bekommt und benötgt er nicht. Da Felix schon jahrelang gut eingestellt ist, sind die Kontrolluntersuchungen eher sporadisch. Das ist mit unserem Tierarzt abgesprochen und da vertrauen wir ihm voll und ganz. Die letzte Untersuchung war im August 2020 und da waren alle Werte „wie bei einem jungen Hund“ – Aussage des Tierarztes. Super also!

Kann ein Epilepsie-Hund alt werden?
Die Lebenserwartung ist recht normal, wenn ein Hund gut eingestellt ist und die Anfälle durch die Medis abgeschwächt oder sogar komplett unterdrückt werden. Immerhin wird Felix Ende Mai schon 15 Jahre! Schwierig ist es nur, wenn Hunde nicht gut auf Medikamente ansprechen oder innerhalb kurzer Zeiträume extreme Anfälle bekommen. Tritt ein Anfall auf, der länger als 5 Minuten am Stück besteht, spricht man von einem „Status Epilepticus“ – ein Anfall der lebensbedrohlich ist und sofort ärztliche Hilfe benötigt!

Hat Felix Einschränkungen in seinem Leben aufgrund seiner Erkrankung?
Wo wir ein Auge drauf haben müssen, sind Futtersorten die z.B. Kräuter enthalten. Es gibt jede Menge Kräuter usw. die Gifte aus dem Körper ausschwemmen. Tja und was sind Antiepileptika? Nichts anderes als Gift (auch, wenn es unseren Vierbeinern in diesem Fall hilft!). Gibt man einem Epileptiker der Antiepileptika bekommt solche Kräuter, sinkt womöglich der mühsam aufgebaute Medikamentenspiegel im Körper und der Hund kann unter Umständen wieder Anfälle bekommen. 
Ansonsten hat Felix aufgrund seiner guten Medikamentierung im normalen Leben kaum Einschränkungen. Er muss nirgendwo in Watte gepackt werden und darf bei uns einfach Hund sein. Er wird auch nicht dauernd mit Argusaugen bewacht, und das hat seine Gründe…

Wie gehst Du mit dieser Belastung um?
Würde man Felix ständig nur als Epilepsie-Hund sehen und Angst um ihn haben, rutscht man unter Umständen schnell in einen Teufelskreis hinein den die wenigsten Außenstehenden verstehen können. Das sieht so aus: ich mache mir wahnsinnige Sorgen um den Hund, schrecke beim geringsten Geräusch von ihm hoch, lasse ihn nicht aus den Augen. Träumt er wild, bekomme ich eine Panikattacke weil es ja ein Anfall sein könnte.  DAS ist purer Stress für Halter und Hund. Der Hund bemerkt ja, dass der Halter unter Dauerstrom steht und hat dadurch auch Stress. Und Stress ist u.a. ein Auslöser für Epilepsieanfälle. Also sollte man das alles doch ruhiger angehen und den Hund zwar im Auge behalten, aber nicht unter eine Glasglocke setzen. Entspannung in dieses Thema zu bringen, ist für Hund und Halter also essentiell wichtig. Nur muss man dazu erstmal in der Lage sein. 

Würdest Du wieder einen Hund mit Epilepsie aufnehmen?
Ja, wir würden jederzeit wieder einen Epihund aufnehmen. Ich leiste sogar Vermittlungshilfe für an Epilepsie erkrankte Hunde. In meinem Augen ist diese Krankheit berechenbarer als z.B. eine Herzerkrankung. Nachdem wir gelernt haben mit der Erkrankung umzugehen, geht es uns allen bedeutend besser als zum Beginn. Denn auch wir waren am Anfang am „helikoptern“ damit uns bloß nichts entgeht. Und das war Stress pur für alle.
Felix ist mittlerweile total ruhig und gechillt, nichts bringt ihn so schnell aus der Ruhe. Und ich weiß das es daran liegt, das auch wir mit der Zeit ruhiger geworden sind. (Und nein, ich denke nicht das es am Alter liegt, denn er dreht noch immer auf wie ein junger Hund. Fremde glauben uns sein Alter eigentlich nie. Und das spricht doch eigentlich dafür das wir alles richtig gemacht haben 🙂 ).
Einen ganz lieben Dank an Monika für die Offenheit und das Engagement, mehr über diese Krankheit aufzuklären! Es ist einfach toll wenn es auch für erkrankte Vierbeiner ein Happy End gibt und sie eine tolle Familie haben, die sich um sie kümmern! Vielleicht ist das ja für den ein oder anderen Betroffenen ein kleiner Lichtblick.

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