Aufgedrehter Hund – na und? (2)
Heute soll es wieder einmal um unser Training gehen. Im ersten Teil unseres Beitrags „Aufgedrehter Hund- na und?“ habe ich einige Verhaltensweisen aufgezählt, die Euren quirligen Vierbeiner dazu bringen, herunterzufahren. Da Theorie und Praxis ja bekanntlich etwas anderes ist, soll es jetzt im zweiten Teil darum gehen, wie man diese Dinge ganz leicht anwenden kann.
Zurück also zu Balkaa. Sie ist wahnsinnig gerne draußen und zeigte das schon in dem Moment, wo man auch nur in Richtung ihrer Leine schaute. Wollte man sie anleinen, sprang sie hoch, fiepte, bellte und ließ sich kaum bändigen. Es war ein Kampf, sie überhaupt anleinen zu können. Kaum war die Tür auch nur einen Spalt geöffnet, drängelte sie sich nach draußen. Sie konnte es einfach nicht erwarten rennen, spielen und schnuppern zu dürfen. Oft verfiel sie draußen erst Recht in ein fast wahnhaftes Gebelle, weil sie über die Jahre eine enorme Erwartungshaltung entwickelt hatte.
Innerhalb weniger Tage konnte sie jedoch lernen, dieses Verhalten fast vollständig abzulegen wenn wir allein unterwegs sind – alles eine Frage des Handlings. Es ist nur eine Geduldsprobe und eine Frage der Zeit. Ich bin kein Trainer, möchte jedoch hier einmal MEINE Verhaltensweisen aufschreiben, denn diese haben sehr schnell Früchte getragen und sind scheinbar auch aus trainerischer Sicht recht sinnvoll. Zumindest wird in Büchern, die sich mit diesem Thema befassen, sehr ähnlich gearbeitet. Heute soll es besonders ums anleinen und vernünftige führen gehen.
- Balkaa, (die schon „Lunte gerochen“ hat) und ich stehen im Flur. Ich bringe sie mit ruhiger Stimme ins Sitz-Kommando und gehe Richtung Leine. Bei jedem Aufspringen, bellen oder unerwünschten Verhalten ihrerseits bringe ich sie wieder ins Sitz, halte kurz inne und beginne von vorn mich der Leine zu nähern. Bei harten Fällen kann das einige Minuten dauern.
- Habe ich nun die Leine, nehme ich sie (langsam!) und nähere mich dem Hund. Auch hier gilt wieder: Springt sie auf oder jault, lege ich sie wieder weg, bringe den Hund in die Sitzposition und beginne erneut von vorn.
- Habe ich Balkaa dann irgendwann angeleint, sorge ich dafür dass sie im Sitz bleibt während ich langsam die Tür öffne (spätestens jetzt wird ein reaktiver Hund aufspringen und losrennen wollen). Tut er das blockiere ich ihn mit meinem Körper, sodass er nicht zur Tür kommt und bringe ihn wieder ins Sitz. Langsam öffne ich die Tür, während der Hund weiterhin ruhig sitzt und kein Fehlverhalten zeigt.
- Am Besten ist es nun, einige Zeit mit geöffneter Tür stehen zu bleiben um sicher zu gehen, dass der Hund nicht überdreht – wir haben ja Zeit 😉
- Danach gehe ich mit Balkaa langsam Richtung Tür. Will sie an mir vorbei, blockiere ich sie wiederum mit meinem Bein. So taste ich mich langsam vor, bis wir draußen angekommen sind. Wichtig ist auch an dieser Stelle, keine Unruhe aufkommen zu lassen und sich langsam genug vorzuarbeiten! So soll Euer Vierbeiner lernen, dass er mit außer Kontrolle geratener Aufregung nicht weiterkommt und sich beherrschen soll. Im Notfall lohnt es sich auch hier, eine kurze Pause einzulegen, wenn der Reiz zu stark ist!
Während des gesamten Vorgangs des Anleinens und Haus-verlassens habe ich übrigens nur ein Kommando gegeben, „Sitz“. Ich habe nicht auf sie eingeredet oder auch nur „Nein“ gesagt. Sie hat von selbst verstanden, dass sie mit einem ruhigen Verhalten schneller nach draußen ankommt. Somit verkürzt sich bei regelmäßiger Anwendung natürlich auch die Zeit, die ich investieren muss.
Genau die gleiche Methode wende ich bei ihr an der Leine an. Da Balkaa durch falsche Strafungen in der Vergangenheit eher unruhiger wird, je näher sie am Menschen laufen muss, kommt sie bei mir an die Flexi. So sehr man diese Leinenart auch verteufeln mag – für manche Hunde ist sie Gold wert!
Ich laufe langsam und bedacht, Zeit nehme ich mir genug. Es spielt keine Rolle, ob unsere kleine Runde nun 20 oder 25 Minuten dauert. Ist die Flexileine durch ihr Ziehen komplett ausgefahren, bleibe ich stehen. In diesem Moment schaut Balkaa erst einmal, warum ich stehen bleibe – ein kurzer fragender Blickkontakt entsteht. Die meisten Hunde kommen dann vermutlich irgendwann ohne Hilfe zu Herrchen/Frauchen. Andere kann man mit dem Rückruf oder einem Handzeichen animieren. Ist Balkaa wieder bei mir angekommen, gehe ich entspannt weiter. So bringt sie sich quasi selbst bei zu mir zurückzukehren, wenn sie die Leine zu stark ausrollt.
Dieses Verhalten des Leine komplett Ausziehens zeigt sie pro Spaziergang maximal 10 mal. Je öfter das passiert, desto mehr orientiert sie sich an dem von mir vorgegebenen Radius und hört auf, an der Leine zu zerren. So kann sie ganz ohne Zwang lernen, die richtige Entscheidung zu treffen.
An diesen Trainingsmethoden sieht man deutlich, dass die im ersten Beitrag genannten Punkte elementar wichtig sind, um einen Hund zu beruhigen. Diese lassen sich in jede Situation einbauen und bewirken verhältnismäßig schnell eine große Veränderung die nicht nur Halter, sondern auch Hund gut tut. Natürlich gehören viele Momente in der Hundehaltung dazu, um einen aufgeweckten Hund zur Ruhe zu bringen. Mit der Zeit wird man aber immer mehr lernen, wann es dem Vierbeiner zu viel ist und wie man mit ihm umgehen muss, damit er einen Gang runterschaltet.
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