Aufgedrehter Hund – na und? (1)

Als Besitzer eines sehr aktiven Hundes hat man meist große Probleme, die Quirligkeit des eigenen Vierbeiners zu kontrollieren. Es wird für den Besitzer zum Kraftakt, den eigenen Hund zu bändigen. Ein schönes, entspanntes Miteinander gibt es nicht mehr – der Hund ist immer „auf Achse“ und nicht zu beruhigen. Irgendwann kommt man an einen Punkt der absoluten Verzweiflung und wünscht sich nur noch, dass der Hund einfach mal für ein paar Minuten Ruhe gibt und sich in die Ecke liegt, beim Spaziergang nicht ununterbrochen bellt oder weniger reaktiv äußeren Reizen gegenüber ist. Aber warum ist das überhaupt bei manchen Hunden so und wie schafft man es, Ruhe in so einen aufgeweckten Typ Hund zu bekommen? Manchmal ist der Weg da hin ziemlich leicht – man muss nur wissen wie.

2016-02-25 12.58.07Warum ist mein Hund, wie er ist?
Wie schon des öfteren erwähnt, wurden viele Hunderassen (z.B. Jagdhunderassen wie der Jack Russell Terrier oder Hütehundrassen wie Australien Shepherd und Border Collie) zum Arbeiten gezüchtet. Ihnen liegt es im Blut, den ganzen Tag einsatzbereit und aktiv zu sein. Hunde dieser Rassen mussten jederzeit leicht „anknipsbar“ sein und sofort im Trieb stehen, wenn man es verlangt – sonst wären sie nicht arbeitsfähig gewesen. Der Mensch hat sich dieses Verhalten seit Jahrhunderten zu Nutze gemacht. So veränderte sich über lange Zeit auch der Stoffwechsel im Hirn und die Hunde wurden aktiver. Ihre Genetik und Zucht gab es ihnen vor, denn war ein Vierbeiner zu entspannt war er für seinen Job nicht zu gebrauchen und wurde von der Zucht ausgeschlossen. Betroffene Rassen zeigen also auch heute noch aufgrund ihrer Ursprünge meist keine Erschöpfung und sind extrem arbeitsfreudig und intelligent.
Allerdings werden Hunde heutzutage immer weniger als Arbeitstiere gehalten. Auch Terrier und Hütehunde werden mittlerweile zum Großteil in Familien gehalten, was unter falscher Führung und Auslastung problematisch und völlig deprimierend für Hund und Halter sein kann. Pusht man als Halter so einen Hund nämlich noch unbewusst zusätzlich hoch, lernt der Vierbeiner nie aktiv, sich zu beherrschen. Es fehlt an der Fähigkeit, nicht jedem Impuls von Außen nachzugehen und der süße kleine Terrier, der ohnehin schon zuchtbedingt eine kurze Zündschnur hat, gerät absolut außer Kontrolle. Ein hyperaktiv wirkendes Nervenbündel ist die Folge.
Die meisten Besitzer mit einem sehr quirligen Hund versuchen ab einem bestimmten Punkt irrtümlicherweise, ihren Hund körperlich bis zur Erschöpfung zu bringen und hoffen, ihren Vierbeiner somit etwas auszubremsen. Doch das funktioniert nicht, denn auch Hunde gewöhnen sich schnell an die Anforderungen die wir Menschen ihnen stellen und beginnen im schlimmsten Fall, ein extremes Maß an Aufmerksamkeit und Beschäftigung zu fordern – ein Teufelskreis entsteht.

Auch Balkaa ist ein Border-Collie Mix und äußerst aktiv. Man kann mit ihr den ganzen Tag auf Tour sein. Zuhause angekommen, legt sie sich maximal 30 Minuten zum schlafen hin, danach ist sie genauso aufgekratzt wie vorher. Besonders zu Beginn des Gassigangs bellt sie gern, zieht ihre Kreise und würde bis zum umfallen Ball spielen, wenn man sie lässt. Sie ist ein Paradebeispiel für einen sehr aktiven Hund und hat mir sehr viel darüber beigebracht, wie man mit solch einem Vierbeiner umgehen sollte. Hier möchte ich einmal einige Punkte zusammenfassen, die auch aktive Hunde etwas ausbremsen und händelbarer machen.

  • Ruhe erlernen
    Sobald ihr einen Welpen bekommt, sollte dieser lernen Ruhephasen einzuhalten und zu nutzen.
    Aktive Rassen sind dafür bekannt, das Maß ihrer eigenen Erschöpfung nicht zu spüren. Auch wenn sie also den ganzen Tag aktiv sind und umherlaufen, bedeutet das nicht, dass sie nicht müde sind. Und: Wer Kinder hat weiß – nach müde kommt blöd. Man sollte also an entsprechendem Punkt ansetzen und seinen Vierbeiner zur Ruhe bringen, bevor er völlig überfordert ist.
    Manche Hunde müssen also durch uns Menschen erst lernen sich selbst eine Auszeit zu nehmen, wenn sie sie benötigen. Es sollte deshalb schon beim Welpen auf genügend Schlaf geachtet werden. Notfalls muss dieser eben „verordnet“ und konsequent durchgesetzt werden. Dabei kann ein fester Platz oder eine Box als Rückzugsort sehr förderlich sein. Ein Welpe der gelernt hat, dass auch mal Schluss ist wenn er auf seinen Platz geschickt wird, wird definitiv leichter zu händeln sein! Zur Erinnerung: unsere Vierbeiner brauchen etwa 18 Stunden Schlaf am Tag!
  • Innere Ruhe
    Viele Hundehalter lassen sich ab einem bestimmten Leidensdruck von ihrem Hund anstecken. Sie werden nervös, reißen an der Leine herum und schimpfen. Genau das ist kontraproduktiv. Wut heizt die Unsicherheit und Unausgeglichenheit Eures Hundes immer mehr auf. Ihr solltet nach Möglichkeit selbst einen Gang herunterfahren und die Unruhe eures Hundes ausgleichen. Allein diese andere Haltung kann schon Wunder bewirken! Bedenkt immer: Euer Hund benimmt sich nicht so, um euch zu ärgern. Es liegt an euch, ihm die Tür zu einem anderen Verhalten zu öffnen und ihm seinen inneren Stress zu nehmen. Wie kann man von seinem Vierbeiner in einer bestimmten Situation ein gewisses Verhalten fordern, wenn man es selbst nicht einmal schafft?
  • Geduld und Konsequenz
    Dieser Punkt ist einer der wichtigsten in der Arbeit mit quirligen Hunden. Ihr wollt schnell los? Habt es eilig? Das ist schon der erste Fehler. Nehmt euch Zeit, mit eurem Hund geduldig zu üben und setzt euch konsequent aber liebevoll durch. Euer Vierbeiner wird das schnell verstehen!
  • Pushen verboten!
    Besonders wichtig ist auch, dass ihr Euren Hund nicht noch aufgedrehter macht, als er es eh schon ist. Übermäßiges reden und viel körperliche Auslastung verstärken das Problem meist nur. Selbst meine Hunde (die nun wirklich recht entspannt sind) reagieren auf viele Kommandos und übermäßiges pushen gestresst. Ist der Vierbeiner eh schon aufgeregt weil es rausgeht, muss man ihn nicht noch aufgeregter machen, in dem man ihn immer wieder fragt „Gehen wir jetzt Gassi? ja? Na los, schnell!“
    Ebenso wichtig ist es, richtig zu loben. Hohe Stimmlagen und laute Kommandos können dafür sorgen, dass der Hund sich in dem Moment, wenn er eigentlich gelobt werden soll ein Fehlverhalten zeigt. Ein ruhig ausgesprochenes und richtig aufgebautes „Prima.“ kann hier die bessere Wahl sein als ein gekreischtes „Feiiiiiiin!“
    Wie schon erwähnt sollte auch die körperliche Auslastung begrenzt werden. Ich gehe beispielsweise nur alle 2 Tage eine große Spielrunde bei denen Lana und Maila rennen können. Aber wie soll man seinen Hund ohne z.B. Ballspiele auslasten?
  • angebrachte Auslastung
    Hier greift eine angebrachte Auslastung. Wie diese aussieht, muss man an jeden Hund speziell anpassen.
    Die meisten Hundehalter vergessen vor lauter körperlicher Beschäftigung die geistigen Fähigkeiten ihres Tieres. So schleichen sich leicht Macken und Verhaltensstörungen ein. Alle diese Hunderassen wollen arbeiten – aber nicht nur körperlich! Sie sind unheimlich intelligent und deshalb für Kopfarbeit wie geschaffen. Hier findet ihr passende Übungen für euch und euren Vierbeiner. Es ist bewiesen, dass Kopfarbeit viel anstrengender sein kann, als nur ein Ballspiel. Ausgewählte Übungen zur Impulskontrolle sorgen außerdem dafür, dass der Vierbeiner auch mal kurz Inne halten muss um sich eine neue Strategie auszudenken – optimal also für Hunde, die sehr intelligent sind und nun eine neue Bewältigung von  Konflikten  erlernen  sollen.
    titel

Im zweiten Teil erkläre ich, wie genau man diese Punkte praktisch anwenden kann. Es bleibt also spannend!