Ach Du dicker Hund!
Laut einer Studie sind Europas Haustiere zu dick: ganze 40% von ihnen leiden unter Übergewicht – eine gewaltige Zahl! Muss das sein? Von einem verkehrten Weltbild, adipösen Hunden und falsch verstandener Liebe.
Von Überfluss und falschem Blickwinkel
Wir leben in einer Gesellschaft, in der es uns an nichts fehlt, und das sollen auch unsere Vierbeiner spüren. Hunde wurden vermutlich in der Geschichte ihrer Domestikation noch nie so gut versorgt wie heute. Es gibt hunderte Futtermarken, jede mit einer anderen Zusammensetzung, hübschen Kräutermischungen und ausgewählten Obst- und Gemüsesorten. Bevor ich selbst jemals eine Süßkartoffel gegessen oder überhaupt nur life im Laden gesehen hatte, gab es sie schon im hübsch verpackten Futter meiner Hunde. An sich ist das ja für unsere Tiere eigentlich eine positive Entwicklung, denn jeder hat eine hochwertige Ernährung verdient, aber: Unsere Vierbeiner haben in den letzten Jahren nicht nur bei der Futterversorgung ordentlich abgeräumt, sondern auch in der Bedeutung für uns Menschen.
Leider ist es in unserer Gesellschaft Gang und Gebe geworden, bestimmte Defizite mit materiellen Werten auszugleichen. Das wird nicht nur zwischen uns Menschen so gehandhabt, wenn der Herr im Haus vielleicht mal Mist gebaut hat und seiner Liebsten dann Schmuck oder einen Strauß Rosen mitbringt, sondern mittlerweile leider auch gegenüber unseren Vierbeinern. Die meisten Hunde bekommen also zusätzlich zum hochenergetischen Trockenfutter oft nicht nur im Training mal einen Keks, sondern auch wenn wir ein schlechtes Gewissen haben, wir selbst etwas essen und sie uns Leid tun und überhaupt in vielen Familien auch dann, wenn sie einfach nur existieren. Man war lange weg? Och der Arme! Ein Keks anstatt zusätzlicher Bewegung oder Zeit miteinander löst das Problem und das Gewissen ist wieder ein klein wenig reiner. So sind wir Menschen eben.
Hinzu kommt, dass unsere Haustiere in der heutigen Zeit viel näher bei uns sind, als sie es früher waren. Wer Deinen Hund beleidigt, ist sofort unten durch – immerhin ist er ein Familienmitglied und für viele Menschen irgendwie auch ein Kinderersatz. So kommt es, dass selbst in der Familie oder Freundschaften Übergewicht nur unzureichend angesprochen wird, denn es ist ein sehr emotional besetztes Thema. Die Besitzer verlieren somit immer mehr den Blick für die Realität und fühlen sich extrem angegriffen, wenn man es anspricht. Eine gewisse unbedachte Ignoranz baut sich mit der Zeit auf und erreicht die Betroffenen garnicht mehr. Ist man auf diese Problematiken nicht sensibilisiert, ist das Ganze ein schleichender Prozess der immer weiter zur Verfettung des eigenen Haustiers führt. Und nicht nur darauf sollte man einen Blick werfen.
Alle Rassen die der Mensch züchtet, haben einen Rassestandard. Steht in diesem das Wort „massiger Körperbau“ oder „kräftiges Gebäude“, ist schon das allein oft der Todesstoß für alle schlanken Vertreter. Selbst Richter und Züchter scheinen das Wort „massig“ mit Übergewicht zu verwechseln und diese Hunde bekommen dann eine höhere Punktzahl, dürfen ihre Gene weitergeben und das Erscheinungsbild unserer Rassen verändert sich damit enorm. Die Rasse wird anfälliger für alle Krankheiten, die Übergewicht mit sich bringt und besonders Rassen, die gerade im Trend liegen verbreiten dann das Bild adipöser Vierbeiner bis in die Medien. Unser Bild eines gesunden Hundes beginnt noch mehr zu verschwimmen
Ein ganz besonderes Beispiel ist der Labrador, der sich schon derart in stämmige „Familienhunde“ und schlanke Arbeitshunde aufgeteilt hat, dass ein Teil der Rasse niemals mehr zu dem Job fähig wäre, zu dem er einst gezüchtet wurde. Es gibt in den Medien dermaßen viele übergewichtige Labradore, dass man erschrocken ist wenn man in solch einer Gruppe mal mitliest und dann absolut übergewichtige Hunde dort schöngeredet werden, als „stämmig“ oder „im Standard“. Zwischen vielen Labradorhaltern ist man da auf völlig verlorenem Posten. Ebenso läuft das Ganze bei vielen Listenhundrassen ab, immerhin soll der Hund ja „bullig“ aussehen – blöd nur, dass ein geschultes Auge schnell den Unterschied zwischen Fett und Muskulatur erkennt. Hier läuft alles unter dem Aspekt, den größten Molosser mit möglichst viel Gewicht zu besitzen (Stichwort „Hulk“, der größte „Pitbull“ der Welt, der absolut adipös und krank ist), um noch besser mit seinem Vierbeiner angeben zu können. Dabei ist ein schlanker, gut gepflegter und sportlicher Hund etwas, auf das man viel stolzer sein sollte.
Die Folge des Überflusses
Man sollte sich immer vor Augen halten, dass unser Hund einst ein Raubtier war, dass sich normalerweise den ganzen Tag bewegt. Darauf ist sein Körper in jeder Faser ausgerichtet. Sicher, die die Entstehung der Rassen haben sich manche Vertreter stark spezialisiert, das Grundgerüst bleibt jedoch das gleiche. Ein Hund sollte laufen, laufen, laufen. Und hohes Körpergewicht ist da Fehl am Platze und absolut fatal.
Wo der Rottweiler früher seinen Schrottplatz Tag und Nacht bewachte oder der Border Collie tatsächlich den ganzen Tag auf Achse war um seine Schafherde zu treiben, hat sich der Lebensraum unserer Vierbeiner hauptsächlich auf die Couch und das Körbchen verschoben. An guten Tagen gibt es mal eine große Runde, aber das ist nicht vergleichbar mit der Vergangenheit unserer Hunde.
Übergewicht kann eine Vielzahl an Erkrankungen bei unseren Hunden auslösen. Es ist nicht nur schädlich für sämtliche Gelenke, sondern kann auch durch die höhere Belastung Arthrose fördern. Hüfte und Ellenbogen trifft es oft noch härter, wenn sie schon vorerkrankt sind. Zusätzlich wird die Atmung und das Herz- Kreislaufsystem stärker beansprucht. Wie bei uns Menschen sinkt die Kondition und der Wille zu Bewegung. Muskeln bauen sich langsam ab, die Organe können verfetten und werden stark belastet. Schlechtes Futter tut dann sein übriges dazu und belastet den Körper noch zusätzlich. Studien belegen, dass unsere Vierbeiner im Durchschnitt etwa 2 Jahre weniger leben, wenn sie übergewichtig sind. Doch woran erkenne ich eigentlich, dass mein Hund zu dick ist?
Der Rippentest
Besitzt man einen Rassehund der größentechnisch im Standard ist, kann man sich meistens ein wenig an den Gewichtsangaben des Zuchtverbandes orientieren (Es sei denn, ihr habt einen Labrador, dann bitte nicht! 😉 ). Zusätzlich kann man bei seinem Hund jederzeit ein paar Tests durchführen.
Hierbei schaut man zuerst von oben auf den Vierbeiner. Es sollte eine Taille erkennbar sein. Die Rippen sollten leicht sichtbar sein und nur von einer zarten Fettschicht direkt unter der Haut umgeben sein. Die Bauchlinie sollte nach oben verlaufen, sich also zur Taille hin anheben.
Es gibt Hunde, die leichter zunehmen als andere. Das kann an der Rasse, den Fressgewohnheiten oder einfach dem Hundetyp liegen. Während Maila schon immer schlank war, ist Lana unser Sorgenkind, wenn es ums Gewicht geht. Vor etwa 1 1/2 Jahren habe ich ein paar Wochen weniger auf ihr Gewicht und ihre Fütterungsmenge geachtet und die dicke Dame hatte plötzlich statt der normalen 26 Kilo, 31,5! Auf dem oberen Bild ist deutlich, dass man bei Lana weder Rippen sieht, noch eine Taille vorhanden ist. Auch die Bauchlinie steigt nicht mehr bedeutend an. Sie ist übergewichtig, und das klar und deutlich!
Man sollte das Gewicht also immer im Auge behalten und regelmäßig kontrollieren. Doch was tun, wenn der Dackel schon in den Brunnen gefallen ist und sein Bauch über den Boden schleift?
Diät und Sport
Tatsächlich ist es bei den meisten Vierbeinern ziemlich leicht, sie wieder ins Optimalgewicht zurück zu bekommen. Die leichte Reduzierung der Futtermenge und mehr Bewegung sind bei vielen schon der Schlüssel zum Erfolg. Aber Achtung: Die meisten Hunde sind nicht nur übergewichtig, sondern haben auch zu wenig Muskulatur. Man sollte also langsam mit Bewegung beginnen und den Hund nicht überfordern.
Auch das Futter sollte nur schrittweise heruntergefahren werden, jedoch eine Mindestmenge nicht unterschreiten. Hat der Vierbeiner in der Anfangsphase aus Gewohnheit noch mehr Hunger, empfiehlt es sich manchmal, Lebensmittel mit wenigen Kalorien zuzuführen, um den Magen etwas mehr zu füllen. Hierbei eignet sich zB Gurke oder Karotte gut.
Egal bei welchem Hund, es sollte dringend auf Low-Fat Futter verzichtet werden! Alle Hunde ziehen ihre Hauptenergie aus tierischem Fett. Ist das im Futter nicht oder zu wenig vorhanden, muss der Körper gezwungenermaßen seine Energie aus Kohlenhydraten (zB Kartoffeln) ziehen, was die Organe zusätzlich belastet. Es empfiehlt sich also, entweder beim herkömmlichen Futter zu bleiben und es langsam zu reduzieren oder aber noch besser auf eine andere gute Art der Fütterung umzusteigen, die nicht so komprimiert ist wie Trockenfutter.
Andere Gründe?
Sollte der Vierbeiner trotz großer Bemühungen nicht abnehmen, kann dies natürlich auch gesundheitliche Folgen haben. Oft ist die Schilddrüse der ausschlaggebende Grund für Übergewicht. Mit Tabletten lässt sich das aber gut in den Griff bekommen. Wichtig: Schilddrüsenstörungen werden leicht übersehen, da viele Ärzte zu wenig Werte nehmen. Man sollte also unbedingt alle Schilddrüsenwerte verlangen!
Auch andere Krankheiten können sich durch einen adipösen Hund äußern. Es ist also unbedingt ratsam, einen Tierarzt aufzusuchen wenn man selbst nicht mehr weiterweiß.
Alles in allem ist es unheimlich schade, dass so wenig Hundebesitzer auf die Figur ihres Tieres achten, dabei ist es doch so leicht! Man kann seinem Hund viel Leid und Krankheit ersparen, wenn man ihn gut füttert, sich sportlich betätigt und grundsätzlich zumindest ein wenig auf den Körper seines Vierbeiners achtet. Ich kann mir nicht vorstellen, dauerhaft übergewichtige Hunde zu besitzen, denn ich schätze es, fitte Hunde an meiner Seite zu haben. Schaut doch heute mal Euren Vierbeiner an: Ist er vielleicht zu dick und braucht Hilfe dabei, abzunehmen?
Ich finde es gut und wichtig, dass auch so ein Thema angesprochen wird – wobei ja auch immer mehr Futterhersteller sich gerade das Thema Übergewicht auf die Fahnen schreiben, meistens aber nur um ihr Futter besser zu vermarkten.
Ich bin froh, dass wir im Moment mit Übergewicht keinerlei Probleme haben – das war bei Laika vor vielen Jahren mal anders und nicht so einfach wieder in den Griff zu bekommen, denn gerade als Bürohund hat sie sich doch das eine oder andere versteckte Leckerchen bei den Kollegen abgeholt. Da halfen dann auch wirklich nur klare Worte und die Erklärung, dass der Hund mehr leidet wenn er das Leckerchen bekommt als ohne!
Mittlerweile haben wir hier mit Shadow seit über drei Jahren das genaue Gegenteil als Problem – und auch das ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber anders als bei einer Diät die ich ja gut kontrollieren kann ist eine geplante Zunahme nicht einfach umzusetzen – denn einfach mehr füttern und kalorienhaltiger ist hier nicht hilfreich!
Liebe Grüße,
Isabella mit Cara und Shadow
Hallo Isabella,
Danke für Deinen Kommentar. Uns ist dieses Thema auch sehr wichtig, gerade weil es oft so ein Tabu-Thema ist und nicht gern darüber gesprochen wird. Das Problem, wenn jemand die eigenen Hunde füttert haben wir auch – mein Vater bringt immer gern Würstchen mit, fein säuberlich in Stücke geschnitten. Die beiden Damen sind dem aber zum Glück nur zeitweise ausgesetzt und kriegen dann ein paar Tage Diät danach, sodass sie davon nicht allzu sehr zunehmen. Ich kenne deshalb aber das Problem, wenn die Leute manchmal nicht hören wollen…
Die Angst, dass der eigene Hund zu dünn ist haben tatsächlich viele. Meiner Meinung nach sollte man sich da keine großen Sorgen machen, solange man keine Hüftknochen oder wirklich jeden Wirbel sieht. Viele Hunde sind von Natur aus in jungem Alter einfach so. Maila war auch immer sehr schlank, hatte teilweise nur 23 Kilo – mittlerweile hat sie von selbst zugelegt und ist im Alter mit 26 Kilo bei ihrem Optimalgewicht. Solange der Hund nachweisbar gesund ist und genug Futter bekommt, dürfte das kein Problem sein. Viele können sich gut selbst regulieren.
LG Lisa von Hundhoch3
Das stimmt natürlich – die meisten dünnen Hunde sind nicht zu dünn – bei uns sind es wirklich gute 25% Untergewicht und es sind nicht nur die Hüftknochen ie man sieht. Aber zum Glück ist unser Zerg wirklich gesund und auch unsere Tierärzte haben nach vielen Untersuchungen und Futterergänzungen jetzt erstmal alles auf beobachten umgestellt.
Schwierig sind beide Probeme 🙂 Wobei ich zugebe, es ist natürlich deutlich angenehmer, wenn man dem Hund so viele Bestechungsleckerchen geben kann, wie man will 😉
Liebe Grüße,
Isabella mit Cara und Shadow