A Dog`s Passion: Border Collies und das Hüten
Nachdem es im ersten Teil unserer Interviewreihe „A Dog`s Passion“ rund um das Thema Schäferhunde im IGP-Sport ging, widmen wir uns heute einmal den Hütehunden. Ihre Fähigkeiten sind ebenso enorm und dennoch ganz anders.
Hallo liebe Tanja, schön dass Du an unserer Interviewreihe teilnimmst. Möchtest Du Dich und Deine Vierbeiner kurz vorstellen?
Hallo! Also ich habe aktuell 4 Hütehunde. Drei Border Collies: Pepper, Ayame und Saika und einen Mudi aus dem Tierschutz.
Was hat Dich zu den Hütehunden gebracht und was macht sie so besonders für Dich?
Angefangen hat meine Hütehundgeschichte mit dem Mudi – da bin ich mehr oder weniger zufällig drüber gestolpert und habe für mich gemerkt, dass die Hütehunde schon ziemlich besonders sind. Sie lernen sehr schnell, sind besonders nah am Menschen und wollen unbedingt gefallen. Es hat sich dann mit dem Einzug meiner Border Collies nochmal viel stärker gezeigt, dass es außer Border Collies für mich keine weiteren Rassen mehr geben wird.
Wie lange betreibst Du schon aktiv Hütehundarbeit?
Ich habe mit Pepper (sie ist jetzt 6 geworden), meiner ersten Border Collie Hündin irgendwann mal ausprobiert zu hüten und sie hat es ganz gut gemacht. Mit der Zeit habe ich dann aber relativ schnell gemerkt, dass sie als Show Border Collie mit ein ganz klein bisschen Arbeitslinie da ziemlich schnell an ihre Grenzen kam und beispielsweise zu schnell ablenkbar war, wenn sie an den Schafen arbeitete. Deshalb habe ich mir weil ich sowieso in die Zucht einsteigen wollte überlegt, dass ich bei der ersten Verpaarung als Rüden auf jeden Fall einen arbeitenden Border Collie aus einer Arbeitslinie nutze. Aus diesem Wurf habe ich dann auch wie geplant einen Welpen behalten, die für mich offensichtlich am „hütigsten“ war. Das war meine Ayame aus dem A-Wurf. Mit ihr habe ich dann auch erst so richtig angefangen. Ich hatte zu der Zeit schon Schafe und habe schnell gemerkt, dass sie deutlich begabter ist als ihre Mutter Pepper. Deshalb habe ich dann angefangen mit Ayame mithilfe von Videos, Gesprächen, Büchern und ein bisschen für mich selber anzufangen mit ihr zu arbeiten und damit hat das Ganze erst so richtig gestartet. Mit den Jahren sind die Schafe und die Hunde immer mehr geworden – inzwischen habe ich etwa 35 Schafe und drei Border Collies, von denen zwei wirklich am Schaf arbeiten. Inzwischen sind wir so weit, dass auch beide noch an Rindern arbeiten.
Arbeitest Du beruflich mit Schafen und Rindern oder hast Du diese direkt für die Arbeit mit Hund/als Hobby angeschafft?
Beruflich arbeite ich nicht mit meinen Hunden oder den Herden. Das wirklich nur mein Hobby und ich habe auch die Schafe nur für die Hunde angeschafft. Die Rinder, an denen wir arbeiten gehören einem befreundeten Landwirt, mit dem ich sowieso schon zusammen arbeite weil ich ihm die Rinder immer mit den Pferden von A nach B bringe. Mit den Schafen hat jedoch alles begonnen.
Was ist die genaue Aufgabe des Vierbeiners dabei?
Die Aufgabe vom Hund ist einfach die Geschwindigkeit und die vielen Kilometer, die die Schafe oft verteilt sind für mich zu überwinden. Die Schafe oder Rinder stehen irgendwo auf einer großen Wiese über mehrere Hektar verteilt. Deshalb schicke ich den Hund los und der rennt im Prinzip über die komplette Wiese und sammelt für mich alle Tiere zusammen. Bedeutet: er macht einfach die Strecken und Wege für mich. Wir haben den Wolf hier vor Ort, das heißt die Tiere können über Nacht nicht draußen bleiben und stehen Nachts am Hof auf einer Wiese die ziemlich gut gesichert ist. Ich muss sie dann aber jeden Tag zum Fressen auf eine Weide bringen und dafür brauche ich zwingend die Hilfe der Hunde. Sie helfen mir, die Schafe da jeden Tag hinzubewegen.
Wie lang dauert die Ausbildung eines Hundes, bis er alles beherrscht?
Das kommt natürlich drauf an was man für ein Endziel hat. Ich fange meistens mit 6 Monaten an mit den Hunden zu üben. Mit einem Jahr sind sie schon so weit, dass man sie wirklich für die Arbeit gebrauchen kann. Dann können sie natürlich noch nicht alles. Sie können noch nicht aus einer großen Gruppe einzelne Tiere heraussortieren, aber die Gruppe an sich halten, bewegen, rechtsrum, linksrum, vorwärts, rückwärts leiten und die Schafe von der Fläche holen können die Hunde bei mir mit einem Jahr schon.
Braucht man neben Schaf und Hund bestimmtes Equipment, um zu arbeiten?
Man kann spezielle Hütepfeifen benutzen. Das machen die meisten. Ich persönlich nutze sie allerdings nicht, weil ich nicht diese super großen Distanzen habe und weil ich da ganz ehrlich an meine Kapazitäten komme. Das Pfeifen kriege ich schon hin, auch wenn sie sehr kompliziert zu bedienen sind. Hütepfeifen funktionieren ganz anders als normale Pfeifen. Da muss man wirklich mit Zunge, Druck und mit Technik arbeiten. Bei mir ist es aber einfach so dass jeder Hund seinen eigenen Kommandosatz hat, das reicht uns aus. Mein einer Hund hat eben rechts, links, Stopp, vorwärts laufen und bring mir die Schafe als Signale. Das ist schon ein ganzer Haufen Kommandos. Zusätzlich habe ich dann für jeden Hund eigene Kommandos, damit auch beide Hunde parallel an einer Herde laufen können. Es gibt also für mein Gehirn schon echt viele viele Kommandos und wenn ich jetzt anfangen würde mit der Pfeife zu arbeiten, müsste ich da noch mal für jeden Hund mindestens fünf bis sieben Signale einarbeiten. Ich glaube das würde meine Gehirnleistung einfach nicht bringen – ich habe ja jetzt schon das Problem dass ich öfters mal die Kommandos durcheinander schmeiße. Also ich habe das Thema Pfeife für mich erstmal „Ad Acta“ gelegt, um uns alle nicht noch mehr zu verwirren 😉
Gibt es als „Laie“ die Möglichkeit, mit seinem Hütehund das Treiben von Herden zu erlernen?
Ja, so etwas gibt es. Wir bieten selbst sogar Workshops an – ich bin da allerdings nur Veranstalter und stelle meine Flächen und meine Schafe zur Verfügung. Ich mache die Workshops gemeinsam mit Hendrik Kienker. Er ist der amtierende deutsche Meister und Vizemeister im Hüten. Wir arbeiten gemeinsam, weil er einfach viel mehr Erfahrung hat was das Antesten unerfahrener Vierbeiner direkt an der Herde angeht. In solchen Workshops wird u.a. geschaut, ob beim einzelnen Hund genügend Trieb da ist und ob der Hund ein bisschen „Schafgefühl“ und Balance mitbringt.
Kann man jedem Hund das Hüten beibringen? Was muss ein Hund mitbringen, um diesen Job ausüben zu können?
Hauptsächlich geht es eben besonders um dieses „Schafgefühl“, das ein Hund mitbringen muss. Das ist etwas, was man nicht beibringen kann. Man kann natürlich auch mit Hunden hüten die garkein Gefühl für Schafe haben, aber das ist dann nur eine rechts-links Schickerei, quasi wie auswendig lernen. So etwas fällt einem irgendwann in der Arbeit mit der Herde auf die Füße wenn der Hund mal eine Entscheidung selber fällen muss oder wenn man vielleicht gerade zum pinkeln im Busch ist und die Hunde irgendwo abgelegt hat um die Schafe zu halten. Wenn dann mal keiner da ist der den Hunden die ganze Zeit sagt rechts, links, vor, zurück, stop, dann müssen die Hunde eben ein gewisses Talent mitbringen um das auch allein vernünftig hinzukriegen. Manchmal müssen sie Dinge eben auch allein regeln. Ich fahre beispielsweise manchmal mit dem Quad. Das ist einfach so laut, dass man den Hunden nicht ständig Kommandos geben kann. Da müssen die Hunde einfach selbstständig die Schafe hinter dem Quad herbringen, ohne dass ich da die ganze Zeit jeden Schritt kontrolliere den sie machen. Und dieses Talent wird eben in den Workshops und Seminaren ausgetestet.
Hütehund ohne Hüten – geht das?
Das kommt natürlich immer ein bisschen auf die Linie drauf an. Die Welpen, die in meiner Zucht fallen, bestehen aus 50% Arbeitslinie 50% Showlinie. Ich persönlich verlange von meinen Welpenkäufern nicht, dass sie unbedingt hüten müssen – aber sie müssen schon irgendwas machen. Um einfach nur ein bisschen spazieren zu laufen, dafür taugen die Hunde halt nicht. Da muss man schon beispielsweise Mantrailing machen oder Rettungshundearbeit oder irgendwas um den Hund halt adäquat zu beschäftigen. Und das vor allem nicht nur körperlich, sondern so dass sie ihren Kopf anstrengen müssen.
Was ist der Unterschied zwischen Schaf und Rind, wenn es ums Hüten geht? Wie hoch ist die Verletzungsgefahr durch die zu treibenden Herden?
Der Unterschied vom Schaf zum Rind ist, das bei den Rindern die Hunde viel taffer und kiener sein müssen. So ein Rind hat halt in der Regel zwischen 800 Kilo und einer Tonne und eine Herde besteht ja mindestens aus 12 bis 40 oder sogar 50 Tieren. und wenn da der Hund losgeschickt wird und muss so eine rennende Rinderherde aufhalten dann kann er das nicht nur mit Hütestellung erreichen. Da muss er halt auch ganz klar mal den Rindern die Meinung sagen, da auch sehr ernsthaft sein und denen auch im Zweifelsfall mal ins Gesicht oder die Hacken beißen wenn die gar nicht stehen bleiben wollen. Das ist der größte Unterschied. Es gibt natürlich auch ein paar Schafrassen die ebenfalls deutlich über 100 Kilo haben, die auch nicht ganz ohne und auch mal weniger nett zum Hund sind, aber insgesamt muss der Hund halt deutlich taffer sein wenn er am Rind arbeitet. Auch die Verletzungsgefahr ist natürlich bei Rindern schon immens. Die Hunde, die bei mir am Rind arbeiten sind deshalb auch alle OP-Kostenversichert, falls mal etwas passieren sollte.
Nimmst Du auch an Wettbewerben teil? Wie läuft so etwas ab?
Ich nehme selber nicht an Wettbewerben teil, habe aber schon ganz viele verfolgt und habe auch dabei mitgeholfen aber ich bin überhaupt kein Wettkampfmensch und deshalb ist es für mich überhaupt nichts. Ich glaube da wäre ich so aufgeregt dass mein Hund wahrscheinlich nur weil ich so durcheinander und hysterisch bin wahrscheinlich nichtmal einen Bruchteil von dem zeigen würde, was er eigentlich könnte 😉
Die Wettkämpfe laufen so ab, dass man je nachdem was es für eine Klasse ist (Klasse 3 ist die Höchste) die Entfernung der Schafe vorfindet. Dann schickt man den Hund los. Zum Teil sehen die Hunde die Schafe garnicht, das heißt Sie müssen blind dem Herrn vertrauen der sie losschickt. Er sagt den Hunden dann über welche Seite sie loslaufen müssen. Die Hunde müssen dann im Prinzip erstmal eine riesen Fläche absuchen bis sie die Schafe haben und sie dann über den Parcours der vorgesteckt ist, durch verschiedene Tore treiben. Später werden diese geschaltet, bedeutet dass die Hunde und Schafe in einen Ring reinkommen. Dort haben dann von den zu bewegenden Schafen zwei oder mehr ein Halsband zur Markierung um. Die markierten Tiere müssen dann in den Pferch getrieben werden. Das heißt, dass der Hund die betroffenen Tiere erstmal vom Rest der Herde abtrennen muss. Oft wird hier die zeit gestoppt.
Beeinflusst der Job deiner Vierbeiner ihr Verhalten auch in der Freizeit?
Ja. Der Gehorsam in der Freizeit ist ziemlich hoch. Das Hüten ist ein umgelenkter Jagdtrieb, das heißt wenn meine Hunde irgendwo Wildbegegnungen haben – und das ist bei uns in Mecklenburg-Vorpommern halt ziemlich oft der Fall, brauche ich mir keine Sorgen machen. Wir haben hier unfassbar viele Rehe und Hasen und ich treffe bei jedem Spaziergang mindestens zwei bis fünf Rehe oder Hasen, die irgendwo direkt vor uns herausgeschossen kommen. Dadurch, dass ich meine Hunde hinter hinter jedem Schaf einfach ins „Laydown“ ablegen kann, kann ich das natürlich auch hinter jedem Reh genauso. Meine Hunde reagieren auch fast gar nicht mehr auf Wild und selbst wenn sie es doch mal tun, kann ich sie aus dem Nichts einfach abrufen. Hunde die hüten stehen schon unter einem starken Gehorsam, obwohl sie so voll mit Cortisol und Adrenalin sind können sie das. Daher habe ich durch die Ausbildung und Arbeit meiner Vierbeiner garkeine Probleme mehr mit Wild.
Machst du noch anderen Hundesport mit deinen Bordern?
Bis auf die Arbeit an den Herden mache ich wirklich nicht viel mit meinen Hunden. Ich nehme sie ab und zu mit zum Reiten, mache aber sonst keine weiteren größeren Aktivitäten mit ihnen. Meine Hunde sind schon allein durch ihre Arbeit super ausgeglichen.
Zu guter Letzt: was ist für Dich der schönste Moment in Verbindung mit der Arbeit deiner Hunde gewesen?
Der schönste Moment ist tatsächlich wenn die Hunde von selbst mitdenken. Wenn ich einfach von denen etwas verlange, was ich vorher noch nie geübt habe und was sie von selbst super machen wie z.B. dass ich wirklich neben ihnen mit dem Quad fahren kann, oder dass ich auch mal wenn es richtig schüttet oder ich gar keine Lust habe zu laufen wo ich im Auto nebenher fahre und die Hunde treiben die Schafe, ohne dass ich da irgendwas sagen muss auf die Wiese zurück. Ich liebe es, dass auch mal umswitchen und nicht so verbohrt einfach nur ihre Arbeit machen.
Vielen Dank an die liebe Tanja für dieses überaus interessante Interview! Wer mehr von Tanja und den Chestnut-Bordern erfahren will, kann auf Instagram vorbeischauen. Hier teilt Tanja unter anderem unheimlich interessantes Videomaterial aus ihrem Leben und der Arbeit mit ihren Hunden.
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