Littermate Syndrome – Wenn Wurfgeschwister zum Problem werden

Heute möchte ich mal ein ganz besonderes Thema ansprechen, das uns hier jeden Tag betrifft und unser ständiger Begleiter ist. Es soll um Wurfgeschwister gehen, um Liebe, Hass und mich selbst als Besitzerin zweier Vollgeschwister, die dadurch oft zweifelsfrei auf verlorenem Posten kämpft.
Ich Bitte darum höflich zu bleiben, denn ich beschreibe hier in aller Fülle die Gründe unseres „scheiterns“, und das ist mir durchaus bewusst. Aggression wird eine große Rolle spielen.


Oft verfolge ich in den sozialen Medien angeregte Diskussionen zum Thema Mehrhundehaltung und Zweithund. Wie wählt man eigentlich den passenden Zweithund aus? Wann ist der Beste Zeitpunkt? Das alles sind Fragen, zu denen man natürlich den Einzelfall sehen muss. Wobei sich mir aber jedes mal mein Magen umdreht, ist wenn die Frage nach dem Zusammenleben mit Wurfgeschwistern aufkommt und sich die Leute so wahnsinnig auf die „neuen Erfahrungen“ mit zwei verwandten Welpen freuen. Viele von ihnen werden schwere Zeiten durchmachen, sie wissen es nur noch nicht. Oft fliegen einem solche Konstellationen nämlich spätestens nach der Pubertät der Hunde um die Ohren.

Herz vs. Kopf
Viele Hundebesitzer können sich an Welpen kaum sattsehen. Egal aus welchem Umfeld man seine Junghunde bekommt: sie sind doch alle zuckersüß! Es ist in der Tat verständlich, dass sich viele hier nicht für einen Hund entscheiden können und dann am Ende vielleicht die Frage offen bleibt, ob man statt einem Hundekind gleich zwei mit nachhause nimmt. Das neue Familienmitglied ist dann immerhin nicht allein, hat gleich jemanden zum spielen, kuscheln und überhaupt: der zu beobachtende Umgang zweier Welpen miteinander ist unheimlich süß. Was gibt es denn aus menschlicher Sicht besseres, als mit dem Geschwisterchen gemeinsam aufwachsen zu können? Ich kann noch heute nur zu gut nachvollziehen warum Menschen auf die Idee kommen, einen zweiten Welpen statt nur eines Hundes mit nachhause zu nehmen. Während man wie bei uns vielleicht einem zweiten Lebewesen die Chance gibt, ein gutes zuhause zu bekommen statt wahllos dem nächstbesten aus dem Plattenbau gegenüber verkauft zu werden, wird ein guter Züchter davon absolut abraten und sich quer stellen, wenn er zwei Hunde eines Wurfs in einen Haushalt abgeben soll. Warum? Lest unsere Geschichte.

Lana und Maila sind im Juli 2013 in Privathand geboren. Im September zog Lana mit 8 Wochen bei mir ein und ich tat mein Bestes, sie optimal zu erziehen. Sie war ein ausgesprochen einfacher Hund und ein sehr ruhiger, aber dennoch lernbegieriger Welpe. Schon mit einem halben Jahr konnte sie immer und überall frei laufen, war sozialverträglich, der Rückruf saß und sie passte wunderbar in unsere Familie. Ganz hundeunerfahren waren wir nicht: Balkaa, unsere erste 3- jährige Bordercollie-Mixhündin erzog klein Lana ein wenig mit und zeigte ihr, wie das Leben so läuft. Wir waren voll und ganz zufrieden mit zwei gut erzogenen Hunden, die das Leben und ihre Freiheit fast uneingeschränkt genießen konnten.

…und dann kam Maila dazu.

Unser kleines Gürkchen trat erstmalig in unser Leben, als die beiden Schwestern knapp 6 Monate alt waren. Ich hatte Mitleid mit ihr und wollte dass sie ein gutes Zuhause bekommt, denn sie sollte vom Vorbesitzer abgegeben werden. Und was gäbe es denn für einen besseren Platz auf dieser Welt, als bei ihrer Schwester? So zog die kleine Maus bei uns ein. Lana und Maila, die sich in der Zwischenzeit immer mal wieder für ein paar Stunden auf Welpentreffen gesehen hatten, erkannten sich an Tag 1 sofort wieder und waren innerhalb von Sekunden ein Herz und eine Seele. Es war keine Vergesellschaftung nötig, sie teilten sofort Betten, Futter und Zuneigung miteinander. Das Glück schien perfekt. Vorerst zumindest…

Ein unzerstörbares Band
Als Maila zu uns kam, brachte sie jedoch enorme Erziehungsdefizite mit, die ich absolut unterschätzt hatte. Sie war nicht leinenführig und kam bereits mit 5 Monaten am Würger zu mir, pöbelte andere Hunde an, konnte nicht allein bleiben – sie war mit einem halben Jahr nichtmal richtig stubenrein.
Lana war zu diesem Zeitpunkt zum Glück schon gut leinenführig, stubenrein, verträglich mit Menschen, Hunden, Kleintieren, Kindern und ließ sich von Mailas Fehlverhalten in den ersten Wochen nicht anstecken… mit der Zeit begann sie jedoch schleichend, trotz intensivem Training ihre Prioritäten zu ändern.

Die beiden pushten sich mit der Zeit immer mehr gegenseitig in negativem Verhalten auf. Das Band, das die beiden Schwestern zueinander hatten, wuchs und wuchs mit jedem Tag. Hatte Maila zu viel Angst, wenn wir das Alleinsein trainierten, begann auch Lana die Angst ihrer Schwester zu spüren und heulte ebenso das Haus zusammen, obwohl sie vorher wenig Probleme mit dem Alleinsein hatte. Ein trainieren mit nur einem Hund war so unmöglich, denn die zwei wollten sich nicht mehr trennen lassen. Bis heute ist es mir nicht möglich, aufgrund extremer Verlustangst ein Geschwisterchen ohne zweite Betreuungsperson vom anderen für Einzeltrainingsstunden zu lösen – absolut fatal in solch einer Konstellation wie unserer, denn ich lebte allein, als die Probleme sich richtig entfalteten. Selbst beim ersten Wesenstest konnten Lana und Maila nicht getrennt werden und mussten gemeinsam getestet werden, weil sie auch keinerlei andere Reize reagierten, nacheinander schrien und ein Test so unmöglich war. Dass beide Hunde heute zumindest gemeinsam allein bleiben können, bedurfte Monate, hunderter Trainingsstunden und am Ende blieben dennoch nur noch weniger nette Methoden übrig, bis es überhaupt klappte. Das Ganze hat also schneller existenzielle Probleme ausgelöst, als ich gucken konnte.

Aber nicht nur das: Maila, die aufgrund ihres Trainingszustands fast immer an der Leine war, begann mit der Zeit bei Hundekontakt, Lana regelrecht mit ihrer Körpersprache nach vorn zu schicken. Immerhin war sie selbst durch mich ja meistens angeleint und somit „unpässlich“. Ebenso begann sich dieses Problem bei Mailas mitgebrachter Artgenossenaggression zu zeigen. Lana, die früher völlig verträglich war, zeigte nun eine Körpersprache wie Maila es bei Hundekontakt tun würde: wild hinrennen, pöbeln, schnappen. Immerhin hatte sie ihre Schwester hinter sich, die ihr im Notfall ganz sicher den Rücken stärken würde. Es gab keine Chance mehr, Lana noch frei laufen zu lassen. Auch sie musste dauerhaft angeleint werden, wenn wir alle zusammen unterwegs waren. Der Maulkorb kam kurze Zeit später dazu, denn auch unangeleinte Hunde wurden irgendwann rigoros gemeinsam bekämpft – brandgefährlich bei Rassen, die körperlich stark sind und genetisch sowieso prädestiniert, sich in so eine Richtung zu entwickeln.Über das Ausmaß dieser Dynnamik staune ich noch heute. Während Lana im Einzeltraining mit mir ruhig und auf mich fokussiert bei einem pöbelnden, großen Hund in 3-4m artig sitzen bleibt, war ein Vorankommen zeitweise auch nur bei Sichtung eines ruhigen Kleinhundes in einer Entfernung von 50 Metern nicht mehr möglich.Übrigens: Balkaa, unsere Ersthündin ist nach wie vor eher selten in Probleme involviert. Sie lässt sich weder schicken noch anstecken, ist weiterhin abrufbar und verträglich wie eh und je. Es ist also offensichtlich die Konstellation das Problem und nicht wir selbst.

Irgendwann wurde der immense Jagdtrieb, den jede der Hündinnen allein moderat und kontrollierbar zeigte mit aufkommen der Pubertät plötzlich akut. Lana und Maila lernten mit der Zeit, sich so unauffällig gegenseitig zu verständigen, dass man als Mensch in so einer Situation nichts mehr tun konnte. Es musste nur eine ihr Ohr anwinkeln und beide schossen wie wahnsinnig nach vorn und preschten innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Leine. Wer große Hunde hat, kann sich vorstellen wie schwierig es ist, zwei kreischende, springende Hunde mit schon damals jeweils guten 20 Kilo unter Kontrolle zu halten, wenn sie wirklich einen Plan haben und sich einig sind, in dem was sie da tun. Korrektur unmöglich – immerhin hat man in dem Moment schon genug damit zu tun, sie einfach nur festzuhalten und zu beten. Während sich also ein Hund allein mit ausreichendem Abstand und Orientierung an mir an einer Katze vorbeiführen lassen würde, ist bei beiden zusammen der Ofen aus. Das Ganze ist für sie nicht wie bei vielen „netten“ Rassen ein lustiges Fangenspiel oder Neugierde durch einen Bewegungsreiz, sondern würde die Intensität des Tötens erreichen, wenn man sie lassen würde.

Fehleinschätzung
Die meisten Hundebesitzer merken unabhängig von ihrer Hundeerfahrung recht schnell, wenn sich ein Verhalten in eine unerwünschte Richtung entwickelt. Selbst mir als Ersthundehalterin war klar, dass das so nicht normal ist und man da dringend etwas tun muss, bevor es zu spät ist. Zwar wird einem hier beim lesen schnell Angst und Bange, aber die Probleme entwickelten sich tatsächlich sehr schleichend und wurden für die meisten fast unmerklich schlimmer. Auch wenn andere in meinem Umfeld kein Problem sahen („Hunde bellen nunmal und jagen Katzen…“), entschied ich wenige Wochen nach dem Einzug von Maila, einen Trainer aufzusuchen.

Es war also nun in einem Alter von etwa 8 Monaten der Punkt erreicht, an dem ich mir eine sehr erfolgreiche Trainerin suchte um ein paar Tipps einzuholen. Da diese jedoch offensichtlich im Nachhinein weniger Erfahrung mit der Dynamik von Wurfgeschwistern hatte, erkannte sie das enorme Gefahrenpotenzial nicht und schickte mich weg, mit den Worten dass sie kein Problem zwischen beiden erkennen könne. Die zwei seien sehr liebevoll miteinander und bräuchten einfach nur klare Regeln. Dass es diese bei uns bereits gab und ich beteuerte, dass es im Haus und dem grundsätzlichen Erziehungsstand keine Probleme gab wurde nicht weiter besprochen. Ich glaubte ihr und war danach überzeugt, dass es an mir liegt… aber auch fest entschlossen, das Ganze mit hartem, normalen Training wieder in den Griff zu bekommen – bis heute vergebens. Es ist furchtbar zu wissen, dass ich den richtigen Grundgedanken hatte und dem kein Glauben geschenkt wurde. Man hätte uns damals retten können – es brauchte jedoch viele viele Trainer, bis ich jemanden fand, der uns versteht und wirklich half.

Für ein geschultes Auge wäre also schon an diesem Punkt nach 8 Wochen des Zusammenlebens der beiden Schwestern der Moment gekommen an dem man erkennen konnte, dass beide Hunde schon in so kurzer Zeit unzertrennlich, aber auch fast unkontrollierbar wurden. Ich erinnere mich an das Staunen meiner heutigen Trainerin darüber, dass die zwei nichtmal auf dem Hundeplatz oder neuem Gelände getrennte Wege gehen. Es wird an demselben Grasbüschel gerochen, dieselbe Ecke beobachtet, im gleichen Moment die Richtung gewechselt und nur miteinander gespielt. Das ganze Drumherum ist zweitrangig – eine eigene Entwicklung des einzelnen Hundes fand kaum noch statt. Es war, als würden beide Hunde zu einem einzigen riesigen Problem verschmelzen, je mehr Zeit ins Land ging. Einzeln sind sie wahre Engel, zwar mit dem Potenzial ihrer Rasse aber dennoch recht leicht trainierbar… zusammen sind sie die Hölle. Noch heute beglückwünsche ich die Hundebesitzer, die nur einen problematischen Vierbeiner führen… und stelle mir vor, wie schön einfach das im Vergleich zu zwei Hunden ist. Selbst ein Hund, der mit Mensch UND Tier unverträglich ist, ist leichter zu führen als zwei Wurfgeschwister, die aus den Fugen geraten sind – immerhin muss man sich auf zwei Hunde gleichzeitig fokussieren, sie loben, angemessen reagieren, Fehler verhindern.

Schuldig
Zu all diesen belastenden Faktoren rund um beide Hunde kommt die Umwelt: Ein Leben mit Problemhunden ist nicht leicht. Je länger die Verhaltensauffälligkeiten da waren, desto einsamer wurden wir. Plötzlich wurden von Freunden, die immer mit uns gingen die Hundekumpels von Lana und Maila bei Treffen zuhause gelassen, obwohl es immer gut geklappt hatte – nur, weil die beiden Damen einen Maulkorb trugen. Man verstand das Problem nicht und war auch nicht bereit, über den Tellerrand hinauszusehen.
Man konnte sich als Außenstehender einfach nicht vorstellen, dass es tatsächlich so krass an der Konstellation „Wurfgeschwister“ lag und ich tatsächlich in meiner Freizeit nur noch Bücher wälzte, Trainer bezahlte und jeden Tag übte. Am Ende war ich in den Augen vieler allein schuld und „zu blöd“ um einen Hund vernünftig zu erziehen – auch, wenn „nette“ Menschen einem so etwas natürlich nicht ins Gesicht sagen. Kontakte brachen ab. Es wurde mir über Ecken nahegelegt, einen Hund abzugeben. Ich glaubte diese ganzen Vorwürfe viele Jahre und zweifelte immer wieder an mir – dabei sah ich zu, wie andere völlig desinteressiert ihren Tieren gegenüber waren und zweifelte noch mehr. Wie kann es möglich sein, dass ich so viele Probleme habe und andere die perfekten Hunde, wenn ich so viel Zeit und Arbeit hineinstecke, während die anderen rein garnichts tun?

Es gab Momente, da sah ich keinen Ausweg. Das Thema Abgabe stand im Raum, ich verwarf den Gedanken aber wieder. Zu einen weil ich nicht einsah, mein eigens kreiertes Problem anderen aufzubürden, aber auch, weil es einfach in unserem Fall aus verschiedenen Gründen nicht möglich war.
Zeitweise war unsere Hundehaltung nur noch ein „aushalten“, und es dauerte lange bis ich wieder Spaß an meinen Hunden fand.

Das Schlimme: Man kann diese Ansichten den Menschen um einen herum nicht einmal verübeln. Immerhin habe ich selbst ja auch die Konsequenzen unterschätzt. Besitzt man solch eine Konstellation nicht, kann man sich nicht vorstellen wie eng das Band zwischen zwei Beutegreifern ist, die eine gemeinsame Vergangenheit und oft auch ihre Ansichten teilen. Sie sind wie seelenverwandte und ein Mensch kann ihnen nicht das geben, was Bruder oder Schwester ihnen gibt. Es ist ab einem bestimmten Punkt unmöglich, noch einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und diesen Punkt haben wir langsam und unbemerkt überschritten.


Als Mensch sollte man die erste Bezugsperson für seinen Vierbeiner auf dieser Welt sein – der Beste Freund, der Ratgeber, der Fels in der Brandung. Mit Geschwisterchen ist man aber nur Nummer 2. Und hier beginnt ein Problem, das man nicht lösen kann.


Geschwisterhass?
Als Mehrhundehalter sollte man sich ebenso die Frage stellen, welches Geschlecht man sich als nächsten Vierbeiner ins Rudel holt. Mit Geschwistern kann man hier nur verlieren, und das hat mehrere Gründe.
Wählt man Rüde und Hündin, kann in unaufmerksamen Momenten es zu Inzestverpaarungen kommen. Immerhin wissen die zwei zwar dass sie sich irgendwoher kennen, aber Tiere haben selbstversändlich keine Idee von abstrakten Konstrukten wie Vererbung – völlig klar. Kann man beide also nicht bombenfest trennen wenn die Hormone beginnen sich zu entfalten, muss man zwangsweise einem der beiden seine Fortpflanzungsfähigkeit nehmen. Und, wie wir wissen: Hundegeschwister, die miteinander aufgewachsen sind, mögen es in den meisten Fällen so gaaaarnicht, getrennt zu sein. Einer der beiden wird also einer eigentlich unnötigen, schwerwiegenden OP unterzogen werden müssen. Und das ist noch nicht alles: mit einer Kastration verschieben sich die Stellungen im Rudel untereinander. Es kann also plötzlich Aggression ein Thema innerhalb der Gruppe werden, wenn man das falsche Geschwisterchen hormonell beschneidet.
Die Problematik bei gleichgeschlechtlichen Geschwistern ist hingegen ebenso schwer. Während Bruder und Schwester in der Pubertät lernen, sich mehr zu lieben als sie sollten, lernen Schwester und Schwester oder Bruder und Bruder nämlich oftmals, was echter Hass ist. Im Gegensatz zu anderen Hundekonstellationen sind beide nämlich exakt gleichalt und somit auch noch direkte und vor allem gleichstarke Konkurrenten, wenn sie geschlechtsreif werden. Es können von einem Tag auf den anderen Kämpfe bis auf den Tod entstehen. Auch bei Lana und Maila war der Geschwisterhass eine Zeit lang zu spüren.
Während die beiden die Welt füreinander bedeuteten und sie sich liebten wie keinen anderen, veränderte sich mit der Zeit ihr Hormonhaushalt. Plötzlich waren Ressourcen ein Thema. Die zwei zerfledderten sich fast gegenseitig, als sie gemeinsam an einem Knochen kauten. Nur durch mein Eingreifen konnten wir sie trennen, bevor sie sich ineinander verbissen. Auch das Spiel untereinander veränderte sich. Während die beiden früher noch sehr höflich miteinander umgingen, begann Maila mit der Zeit, ihr Selbstbewusstsein auszunutzen und fing an, Lana regelmäßig zu mobben, zu beißen und körperlich zu maßregeln. Es war von nun an auch nicht mehr ratsam, beide gemeinsam laufen zu lassen – eine weitere Einschränkung. Nur mit viel Durchsetzungskraft schaffte ich es nach etwa 2 Jahren, Maila in etwa 3/4 der Fälle abrufbar zu machen, bevor es knallte.
Hinzu kam, dass beide Hunde irgendwann gleichzeitig läufig und danach scheinschwanger wurden – ich hatte also zwei hormonüberströmte Hündinnen gleichzeitig, die durch die Gassen zogen um Stress zu machen.

Der Punkt des Geschwisterhasses traf uns jedoch im Vergleich zu anderen noch verhältnismäßig milde – es gibt Wurfgeschwister, die selbst im Haus dauerhaft ihr Leben lang voneinander separiert werden müssen, sobald sie erwachsen werden. Ein Zusammentreffen würde einen Kampf auf Leben und Tod auslösen. Das Blöde: solch ein Verhalten kann von einer Minute auf die andere auftreten, wenn man nicht aufpasst. Es kann den Anschein machen, dass sich die Geschwister über Jahre hinweg gut verstanden, bis die Situation plötzlich kippt und klar wird, dass dem vielleicht doch nicht so war.

Wenn das Alter zuschlägt
Selbst wenn alles im Leben problemlos zwischen den Wurfgeschwistern verlaufen sollte, bleibt da noch die Frage, was passiert wenn einer von beiden irgendwann diese Welt verlässt – die Chance ist immerhin sehr gering, dass beide gleichzeitig gehen. Die Kosten und die emotionale Belastung, die man mit zwei alten und vielleicht chronisch kranken Hunden auf einmal haben kann, lasse ich hier mal außen vor. Zu diesem Thema kann man genug auf unserem Blog lesen.
Was von diesem von Einschränkungen, Liebe und Hass geprägten Leben übrig bleiben wird, ist in unserem Falle eine einzelne Hündin, die das Leben ohne ihre Schwester nicht kennt. Eine Hündin, die nicht schläft ohne den Körperkontakt und die Wärme, die ihr ihre Schwester einst gab. Ihr Lebensinhalt wird mit ihrem „Best Buddy“ plötzlich verschwunden sein und ist durch keinen neuen Vierbeiner auf dieser Welt in so einer Intensität zu ersetzen. Sie wird nicht allein bleiben können, keinen adäquaten Hundekontakt aufbauen können, ihr wird der Gute-Nacht-Knutscher der Schwester schlimmer fehlen als es bei normal in einem Haushalt zusammenlebenden Hunden vorstellbar ist. Hunde, die so eine innige Beziehung hatten leiden oft lange an dem Verlust und gehen manchmal auch zeitig hinterher.

Wenn der „Dackel“ in den Brunnen gefallen ist…
Die beste Variante, diese Dramen zu verhindern, ist selbstverständlich kein Wurfgeschwisterchen dazu zu holen – so süß es auch sein mag. Möchte man unbedingt einen zweiten Hund aus der selben Zucht o.ä., kann man immernoch aus dem nächsten Wurf einen Welpen übernehmen. Diese Hunde kennen sich nicht, haben nicht gemeinsam in der Wurfbox gelegen und nicht die gleichen Erfahrungen miteinander geteilt. Hunde aus solchen Konstellationen sind also deutlich einfacher zu händeln als direkte Geschwister und unterscheiden sich oft sehr.

Hat man jedoch aus irgendeinem Grund „keine Wahl“, sollte man eines ganz dringend beachten: Allein-Zeit! Es ist enorm wichtig die Hunde solcher Verbindungen von klein auf so oft zu trennen wie es möglich ist. Jedes Tier soll seine eigenen Erfahrungen in verschiedensten Umgebungen und Situationen machen und die Bindung zu Menschen eigenständig erlernen können. Tritt ein Problem auf, muss es sofort angegangen werden! Einzeltrainings sind dafür die Beste Wahl, und das so frühzeitig wie möglich. Ratsam ist es meiner Meinung nach sogar, mit solchen Hunden solange nicht gemeinsam Gassi zu gehen, bis sie mit 2 bis 3 Jahren vollständig erwachsen geworden sind. So verhindert man, dass das Band zwischen den Geschwistern zu stark wird und sie wirklich alles miteinander teilen können. So eine Erziehung ist jedoch meiner Meinung nach extrem aufwändig und man sollte sich fragen, inwieweit man so etwas leisten kann, will und wie fair es den Hunden gegenüber ist.

Besitzt man bereits zwei problematische und unzertrennliche Geschwister wie wir, gibt es nur zwei Möglichkeiten das zu lösen: Abgabe oder Management. Es ist nichts schlimmes dabei, in solch einem Fall für einen der beiden ein neues Zuhause zu finden. So können sich beide Hunde voneinander lösen, sich entwickeln und wieder deutlich mehr Freiheiten bekommen als es gemeinsam jemals der Fall sein wird. So eine Konstellation ist unheimlich anstrengend und wird es in vielen Fällen ein Hundeleben lang bleiben. Das Training wird nie wirklich enden. Man sollte sich gut überlegen, ob man dazu wirklich jahrelang die Kraft hätte. Ich persönlich hätte im Nachhinein sofort nur als Pflegestelle fungieren sollen, bis die kleine Dame eine gute Familie findet. Ich liebe diesen Hund, aber rückblickend wäre das für alle die bessere Variante gewesen.

Was uns in unserem Alltag ganz deutlich hilft, ist der Kontakt zu einer guten Trainerin und Management im Alltag. Bedeutet: Wir trainineren zwar auch Hundebegegnungen und die richtige Reaktion der beiden Damen darauf, aber wir suchen sie nicht so extrem wie früher. Wenn es möglich ist gehen wir dem Konflikt aus dem Weg, denn auch mit allem Training der Welt wird unser Problem niemals verschwinden. Die beiden Damen werden niemals mit einem dahergelaufenen Tutnix spielen wollen, warum sollte ich sie also in solch eine Situation bringen? Es ist lediglich hilfreich das zu üben, was in realistischer Betrachtung für den Hund machbar ist. Auch Hundetraining hat nunmal irgendwo seine Grenzen, und die muss man gerade hier unbedingt lernen zu akzeptieren. So etwas ist zwar schwierig, mit Wurfgeschwistern aber oft nicht zu verhindern.

Das letzte Wort
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass natürlich bei uns nicht nur das Problem darin lag, dass ich zwei Wurfgeschwister aufnahm. Auch die Rasse und die mitgebrachten Probleme spielen eine Rolle, auch wenn sie in einer Einzelhund-Konstellation niemals (!) so außer Kontrolle geraten wären.
So eine Konstellation kann bei netten Rassen natürlich auch gut laufen – viele positive Berichte habe ich allerdings nicht gefunden. Ich rate auch definitiv niemandem dazu, es mit anderen Rassen oder unproblematischen Welpen zu probieren – es gibt einfach Dinge, die nicht sein müssen.

Man sollte bei der Wahl des zweiten Hundes immer seinem Ersthund gegenüber fair sein und sich fragen, ob es wirklich unbedingt sein muss, ein Geschwisterchen dazuzuholen – immerhin kann es ihn enorm in seiner eigenen Entwicklung beeinflussen. Wer den Worst-Case einmal Life erlebt hat wird Gänsehaut kriegen, wenn jemand anders nach Erfahrungen fragt oder fröhlich davon erzählt. Nicht, weil man es dem anderen nicht gönnt, nicht zutraut oder böse Absichten hat… sondern, weil es der größte Fehler in der Hundehaltung überhaupt werden kann, auch wenn man seine Tiere von Herzen liebt.