Die Rasseliste – Auflagen

Ibrahim K. Wurde zu mehr als 3 Jahren Haft verurteilt. Seine Freundin, die Besitzerin von Gypsy kam mit einem Jahr auf Bewährung frei. Während den Gerichtsverhandlungen sah man beiden ihre Reue und die Trauer um den kleinen Volkan an. Doch niemand kann diesen schrecklichen Unfall ungeschehen machen.

Kurz nach den ersten Fernsehberichten über den Vorfall mit Zeus brach die Panik vor den „Kampfhunden“ aus. Da niemand nach der Ursache für diesen Hundeangriff suchte, setzte der Gesetzgeber eine neue „Kampfhundeverordnung“ ein.
Man ging davon aus, dass bestimmte Rassen die früher zu Hundekämpfen genutzt wurden, unwiderlegbar gefährlich seien. Dementsprechend hieß es damals, dass Hunde wie der American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier zum kämpfen gezüchtet wurden und deshalb genetisch ein höheres Agressionspotenzial aufweisen würden als andere Hunderassen. Es brauche „keinen Grund, damit ein Hund dieser Rassen zubeißt“.

Die Auflagen
Jedes Bundesland und sogar jede Stadt darf selbst entscheiden, wie sie mit dieser Regelung umgeht, und so kann ich nur aufzählen was es alles für Auflagen gibt – es treffen aber nicht alle in jedem Bundesland zu. Die Bundesländer führen also recht unterschiedliche Rasselisten. Nicht jede Rasse gilt in jedem Bundesland als gefährlich, so steht beispielsweise der Dogo Argentino in 7 Bundesländern auf der Liste, in den anderen wird er mit keinem Wort erwähnt und darf auflagenfrei gehalten werden. Man kann an dieser Stelle das erste mal innehalten und Zweifel am Sinn des Ganzen haben. 

Einige Bundesländer haben beschlossen, ihre Rasseliste in Unterkategorien einzuteilen. Es gibt hier also Kat. 1 – die unwiderlegbar gefährlichen Hunde (z.B. American Pitbull Terrier) und Kat. 2 – die widerlegbar gefährlichen Hunderassen (u.a. Rottweiler). Mir ist immernoch unklar, wieso der Staat so etwas zulässt, wenn doch von diesen Hunden so eine Gefahr ausgeht. Ist denn ein im Land Brandenburg lebender Dobermann gefährlicher als im Rest Deutschlands? Immerhin steht er hier auf der Liste, im Nachbarbundesland kann jeder einen Dobermann auflagenfrei führen.
Außerdem versucht man bis heute die Haltung durch erhöhte „Kampfhundsteuern“ zu erschweren. Diese sind teils mehr als 10 mal höher als die normale Hundesteuer und überschreiten oft die Tausendermarke. Jedoch entscheidet auch hier die Stadt, ob so eine spezielle Steuer eingeführt wird. So kann es vorkommen, dass Person A 600€ jährliche Steuern pro Listenhund zahlen muss und Person B, die nur 10km entfernt wohnt, 30€ Steuern für die gleiche Rasse. Die Fairness ist auch hier nicht vorhanden. Eine angestrebte „Ausrottung durch erhöhte Steuersätze“ funktioniert so ebenfalls nicht.
Mittlerweile ist auch die Zucht der meisten Rassen in vielen Bundesländern sowie die Einfuhr aus dem Ausland nach Deutschland verboten worden. Durch die Schaffung der Rasseliste ist ein Großteil der Hunde im Tierheim sogenannte Kampfhunde (SOKA`s). Um diesem Problem Herr zu werden, wurde es auch in einigen Teilen Deutschlands verboten, einen Hund von Privatpersonen zu übernehmen. Man darf sie dann nur über den Tierschutz aufnehmen, was viele potenzielle Käufer abschreckt, da sie meist einen jungen Hund wollen. So entscheiden oft (leider) nur Rasseliebhaber dazu eine arme Seele aus dem Tierheim zu übernehmen. Das Problem: die, die unbedingt einen jungen Hund ohne negative Vorerfahrungen haben möchten, können nur noch begrenzt oder garnicht auf seriöse Züchter dieser Rassen zugreifen und sind gezwungen, Welpen von Hinterhof-Vermehrern zu kaufen die wenig Wert auf den Charakter des Hundes legen. Diese werden dann im schlimmsten Fall tatsächlich wieder beschlagnahmt (da illegal von privat angeschafft) und tragen dann zur Listenhundschwemme in den Heimen bei. Private Vermehrerei verschlimmert also die Problematik der Aggression in der Population ebenso wie die Anzahl der Hunde, die im Tierheim ihr Dasein fristen müssen. Würde man mehr gegen Vermehrer angehen und seriöse Züchter stärken, wäre das ein großer Schritt nach vorn. Es gäbe weniger Hunde im Heim, da Züchter notfalls auch Welpen zurücknehmen und neu vermitteln, und es gäbe mehr klare, gesunde Hunde.
Die meisten Hunde die auf der Rasseliste auftauchen müssen einen Wesenstest über sich ergehen lassen. Hier soll getestet werden, wie die Hunde in stressigen Alltagssituationen reagieren. Auch hier hinkt der Vergleich mit der Realität in den getesteten Situationen gewaltig. Meine Erfahrungen könnt ihr hier und hier nachlesen. Es ist wieder einmal nicht einheitlich geregelt, wie oft ein Wesenstest gemacht werden muss und vor allem was zwingend darin vorkommen sollte. Einige müssen ihn alle 2 Jahre absolvieren, wieder andere garnicht und manche (so wie wir) zweimal in einem bestimmten Altersabschnitt des Hundes. Am Ende ist es die Entscheidung des Prüfers (der nicht einmal Hundetrainer sein muss!), ob er den Hund als ungefährlich einstuft oder nicht.
Außerdem gibt es noch Auflagen wie den Sachkundenachweis, Hundeführerschein und die permanente Leinen- und Maulkorbpflicht, die teils trotz bestandenem Wesenstest wahrgenommen werden müssen. Aus welchem Grund das so ist, konnte mir auf Anfrage niemand beantworten. Immerhin wird ja bestätigt, dass keine Gefahr ausgeht.
Ich habe in meinem Umfeld sogar schon gehört, dass es eine Mindesthöhe des Gartenzaunes geben soll, damit die „Monster“ nicht ausbrechen können. Im Land Brandenburg darf ich Lana und Maila rein rechtlich gesehen nicht einmal zusammen ausführen. Auch nicht mit Nicht-Listenhunden zusammen. Aber 10 Deutsche Doggen dürfte ich gemeinsam spazieren führen. Auch hierfür konnte mir keine vernünftige Erklärung geliefert werden.

Hier wird also langsam deutlich, wie undurchdacht diese ganzen Auflagen niedergeschrieben und wirksam gemacht worden sind um das Volk zu beruhigen. Ich könnte an dieser Stelle noch einmal doppelt so viele Ungereimtheiten aufzählen, wieso die Rasselisten schlecht durchdacht wurden, möchte an dieser Stelle aber einmal abbrechen. Es wird auch so deutlich, dass das alles einfach zu schnell beschlossen und nie noch einmal überarbeitet wurde. Auf Anfrage an eine Partei wurde mir gegenüber geäußert, dass eine Önderung der Rasseliste in keinem Wahlprogramm zu finden sein wird – es interessiere einfach niemanden mehr. Listenhundbesitzer seien zu wenig Wähler, um dieses heikle Thema aus der Schandkiste zu kramen… nunja. Lassen wir das einfach mal so im Raum stehen.

Im nächsten Teil werde ich weiter auf den Inhalt des Wesenstests eingehen und in den kommenden Tagen einmal alle Vorurteile bearbeiten, die es in der Bevölkerung regelmäßig zu hören gibt.